Waren noch vor einigen Jahren in Österreich rein variabel verzinste Wohnbaukredite der Regelfall, hat sich dies in den letzten Jahren geändert: In jüngster Vergangenheit, bis in das Jahr 2022, hatte sich die Mehrheit der neuen Wohnbau-Kreditkunden nicht mehr für eine rein variable Verzinsung entschieden. Im Januar 2023 lag der Anteil der rein variablen Zinsabschlüsse seit längerer Zeit kurzfristig wieder über 50 %. Danach ist der Anteil wieder unter 50 % gesunken. Erfahren Sie hier, wie sich das Verhältnis „fix zu variabel“ in den letzten Jahren und ganz aktuell entwickelt hat und welche Schlussfolgerungen sich für Sie als privaten Kreditkunden ergeben.
Variabel verzinste Kredite sind bei Neuabschlüssen in den meisten Zeiten günstiger als fix verzinste, bringen allerdings das Risiko von Zinssteigerungen mit sich. Je geringer der Zinsabstand zwischen langjährigen Fixzinsbindungen und variabler Verzinsung ist, desto attraktiver werden fixe Zinsen. Der „Preis“ für die Absicherung sinkt dann gewissermaßen. Die Entwicklung des Verhältnisses fix und variabel verzinster Wohnbaukredite ist eine Art Stimmungsbarometer: Je höher der Anteil der Fixzinsbindungen, desto mehr Kreditkunden sind der Ansicht, dass sich fixe Zinsen langfristig lohnen.
Der Anteil rein variabler Zinsbindungen ist im letzten Jahrzehnt enorm gefallen: Noch in den Jahren 2013 und 2014 waren variabel verzinste Kredite die übliche Finanzierungsvariante und Fixzinsbindungen (oder eine Kombination aus fix und variabler Finanzierung) eher ein „Nischenprodukt“ in Österreich. So waren 2013 noch 81,4 % der neu vergebenen privaten Wohnbaukredite rein variabel verzinst.
Seit 2015 begann sich das Verhältnis allmählich zu drehen. 2023 entschied sich mit 39,7 % eine deutliche kleinere Anzahl von Kunden für eine rein variable Finanzierung, während 60,3 % eine Fixzinsbindung oder eine Mischform der Verzinsung wählten.
In den letzten Jahren sank zunächst das allgemeine Zinsniveau: Der Leitzins der EZB lag von 2016 bis Juli 2022 konstant bei 0 %, ehe dieser am 27. Juli 2022 zunächst auf 0,5 %, mit Wirkung zum 14. September 2022 auf 1,25 % und danach zunächst dann in mehreren Schritten erhöht und zuletzt in drei Schritten mit Wirkung zum 23. Oktober 2024 auf aktuell 3,40 % gesenkt wurde. Zwischen 2015 und der ersten Jahreshälfte 2022 fielen die Referenzzinssätze für die variable Verzinsung (z. B. EURIBOR) immer tiefer in den Negativbereich, ab 2019 waren auch die langfristigen Zinsen immer wieder negativ – ein Trend, den die lockere Geldpolitik der Notenbanken während der Corona-Krise noch verstärkte.
Zudem sanken auch die Zinsabstände zwischen variabler Verzinsung und Fixzinsbindungen, solange bis plötzlich eine inverse Zinskurve entstand und langjährige Fixzinsbindungen günstiger wurden als variabel verzinste Kredite. Wirft man einen Blick auf die nominalen Kreditzinsen des Infina Kredit Index, der jeweils die Daten zum Quartalsende zeigt, dann lag erstmals Anfang Juli 2023 der zwanzigjährige Fixzinssatz mit 4,025 % p.a. unter dem durchschnittlichen Kreditzins für variabel verzinste Kredite, der damals bei 4,762 % lag. Dies entsprach einem negativen Zinsabstand bzw. Zinsabschlag von 0,737 Prozentpunkten, der sich bis Anfang Oktober 2024 auf 0,791 Prozentpunkte ausweitete.
Deutlich wird also, dass sich Kreditnehmer in Österreich in den letzten 10 Jahren zunehmend für die „sichere“ Variante der Wohnbaufinanzierung entschieden haben. Und dies aus gutem Grund: Bei einer Nutzung als Eigenheim bleibt das Risiko der Wertenwicklung Ihrer Immobilie überschaubar, solange diese weiterhin Ihre Wohnbedürfnisse erfüllt. Das Risiko steigender Zinsen ist nicht zu unterschätzen, insbesondere bei geringerem Eigenkapitalanteil. Mit einer Fixzinsbindung können Sie sich dagegen absichern.
Die Zahlen der letzten Quartale zeigen, dass die Beliebtheit von Fixzinsbindungen weiter gestiegen ist. Während sich im vierten Quartal 2023 noch 35,2 % der Kreditnehmer privater Wohnbaufinanzierungen für eine variable Finanzierung entschieden hat, sank im ersten Halbjahr 2024 diese Quote bereits auf 31,6 % und im zweiten Quartal noch weiter auf 21,7 %. Auch im dritten Quartal 2024 erfolgte ein weiterer Rückgang. Nur noch 20 % der Kreditnehmer entschieden sich für eine rein variable Zinsbindung in Österreich. Ein wesentlicher Treiber hierfür könnte das zunächst länger anhaltende Zinsplateau gewesen sein. Ende des dritten Quartals 2024 liegen die Zinssätze für neue variable Wohnbaufinanzierungen aufgrund der aktuellen inversen Zinsstruktur immer noch bei etwa 1,0 % über den Zinssätzen mit langfristiger Zinsbindung.
Kreditnehmer bezahlen insofern derzeit keine Prämie für die Absicherung des Zinsänderungsrisikos. Sie erhalten diese kostenfrei und bekommen für die langfristige Absicherung sogar noch einen günstigeren Zinssatz.
Zum Teil schulden auch bestehende Kreditnehmer ihre variablen Finanzierungen auf langfristige Fixzinsbindungen um. Denn einige rechnen aufgrund der immer noch etwas erhöhten Inflation mit immer noch höheren Kreditzinsen in 2024 und 2025. Ein schnelles Absenken und in größeren Schritten, wie von vielen Experten in 2023 noch prognostiziert, ist derzeit nicht zu erwarten. Auch die Vertreter der EZB (Europäische Zentralbank) signalisierten, dass große Zinsschritte zumindest kurzfristig nicht zu erwarten sind. Hinzu kommt, dass die Kreditvergabekriterien seit 01. August 2022 strenger geworden sind (Anmerkung: Die temporär verschärften Anforderungen werden zum 30.06.2025 auslaufen). Grundsätzlich gilt: Nur wenn Sie sich mit einer Fixzinsbindung mittel- oder langfristig absichern, können Sie Ihre monatliche Belastung sicher kalkulieren.
Da die langfristigen Zinsen, welche für die Fixzinsbindungen relevant sind, seit dem Jahr 2022 deutlich gestiegen sind, haben die Kreditinstitute die Konditionen neuer Fixzinskredite verteuert. Die Zinssätze waren in Österreich im ersten Quartal 2024 in vielen Fällen noch etwa dreifach so hoch wie zu Beginn des Jahres 2022. Dennoch haben sich laut EZB im dritten Quartal 2024 vier von fünf Kreditnehmern für eine Absicherung oder zumindest Teilabsicherung mittels eines Fixzinssatzes bei Neuabschluss eines Wohnbaukredits entschieden, ein historischer Höchstwert seit Einführung des Euro. In Laufe des Jahres 2024 dürfte sich die aktuelle Zinsdifferenz von über 0,5 % zwischen den beiden Zinsvarianten allerdings weiter verringern.
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Datenquelle: Europäische Zentralbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.