Mit „Geldmenge“ bezeichnet man den Geldbestand eines Wirtschaftsraums – jeweils gruppiert in verschiedene Stufen der Liquidität. Sind Sie Inhaber einer privaten Wohnbaufinanzierung in Österreich, dann ist die Entwicklung der Geldmenge im Euroraum entscheidend: Kreditbedingungen sowie auch Zinsen stehen damit in engem Zusammenhang. Erfahren Sie hier, wie sich die Geldmenge aktuell entwickelt und welche Schlussfolgerungen sich für private Kreditkunden ergeben.
Zum 28.02.2025 betrug die Geldmenge M3 im Euroraum 16,9 Billionen Euro. Damit ist die Geldmenge M3 nahezu unverändert (+0,5 %) gegenüber Januar 2025.
Die Steigerung der EZB-Geldmenge M3 hängt mit der Inflation zusammen. Sie können also an der Entwicklung der Geldmenge abschätzen, ob eher eine inflationäre Phase vorherrscht – die wiederum mit großzügiger Vergabe von Krediten einhergeht – oder eine disinflationäre Phase mit tendenziell strengeren Kreditvergabe-Richtlinien der Banken und Bausparkassen. Lesen Sie mehr dazu: aktuelle Statistik der Inflation. Zudem haben Geldmenge und Inflation auch Einfluss auf den Leitzins-Verlauf. Bei hohen Inflationsraten kann es sein, dass die Europäische Zentralbank mit restriktiver Geldpolitik reagiert. Dadurch steigt der EZB-Leitzins und infolge auch die Kreditzinsen für Private.
Seit der Euro-Einführung 1999 hat sich die Geldmenge mehr als verdreifacht. Lag diese Ende 1999 noch bei 4,7 Billionen €, so stieg sie bis Ende 2024 auf 16,7 Billionen € an. Dabei gab es unterschiedliche Wachstumsphasen: In den frühen 2000er-Jahren war das Wachstum moderat hoch und die Geldmenge stieg bis Anfang 2008 jedes Jahr um rund 8 % an. Infolge der Finanzmarktkrise 2008 und der Corona-Krise kam es dann jeweils zu einem besonders schwachen bzw. starken Anstieg.
Nach der Finanzmarktkrise 2008 wurden die Richtlinien für die Kreditvergabe strenger und dementsprechend brachten Banken auch weniger Geld in den Umlauf. Das Wachstum der Geldmenge M3 stagnierte – die Geldmenge war 2009 und 2010 sogar leicht rückläufig. Erst ab dem Jahr 2014 war wieder ein stärkerer Anstieg zu verzeichnen. Bis 2019 bewegte sich das Wachstum pro Jahr dann bei 4 bis 5 %.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie führte zu einer starken Änderung der Geldpolitik der EZB. Diese unterstützte die Kreditvergabe stark, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern. Die Geldmenge M3 verzeichnete daher von Anfang 2020 bis Mitte 2021 ein Wachstum mit doppelter Geschwindigkeit im Vergleich zu den Vorjahren. Allerdings sollten Sie im Hinterkopf behalten: Das jüngste M3-Wachstum diente der Krisenintervention und ist von der EZB nur als temporäre Maßnahme angedacht. Sollte diese sich zu einer Schrumpfung der EZB-Bilanzsumme entscheiden und angekaufte Unternehmensanleihen wieder verkaufen, dann ist eine Absenkung der Geldmenge zu erwarten.
Betrachtet man die kurzfristige Entwicklung der Geldmenge M3 in den vergangenen 12 Monaten, dann zeigt sich: Nach Jahren, in welchen die Geldmenge deutlich stärker zugenommen hat, steuert die EZB derzeit über andere Instrumente die Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet. Dennoch bewegte sich die Geldmenge M3 in den letzten 12 Monaten weiterhin leicht aufwärts, in einem Korridor zwischen 16,2 und 16,9 Billionen Euro.
Die Entwicklung im Jahr 2025 deutet darauf hin, dass die EZB den Wachstumskurs verlangsamt hat. Voraussichtlich möchte die Zentralbank allmählich zu einer restriktiveren Geldpolitik übergehen. Aufgrund der aktuellen Kreditzinsen, welche aufgrund der Entwicklung der Leitzinsen immer noch auf erhöhtem Niveau liegen, ist die EZB mit einer Verknappung der Geldmenge noch vorsichtig. Die weitere Entwicklung wird zudem stark von den wirtschaftspolitischen weiteren Entwicklungen im Welthandel mit den USA abhängig sein.
Für Sie als privaten Kreditkunden würde eine Verknappung folgendes bedeuten: Je stärker sich die Geldmenge M3 reduziert, desto höher ist Ihr Risiko, dass Kreditinstitute wieder strengere Kreditvergabe-Richtlinien einführen und Sie ggf. für Ihre Wohnbaufinanzierung eine Absage erhalten.
In 20 Ländern des Euroraums können Sie mit dem Euro bezahlen. Hinzukommen viele Überseegebiete (z. B. Französisch-Guayana) sowie weitere Länder, welche im Einvernehmen mit der EU den Euro als ihre nationale Währung verwenden (z. B. Andorra). Insofern entfällt auch immer ein bestimmter Anteil, der österreichische Beitrag zu den Euro-Geldmengen M3, der gesamtem Geldmenge auf Österreich.
Die Ukraine-Krise und ihre wirtschaftlichen Folgen dauern auch 2024 und 2025 an und wirken sich ebenfalls auf die Geldpolitik der EZB aus. Die EZB hatte im Bereich Leitzins mit vier Erhöhungen im Jahr 2022 und sechs Leitzinserhöhungen im Februar, März, Mai, Juni, Juli und September 2023 die Zinswende deutlich vollzogen. Nach Monaten eines dann zunächst unveränderten Leitzinsen erfolgten im Juni, September, Oktober und Dezember 2024 sowie Januar und März 2025 dann sechs Leitzinssenkungen. Eine Rückkehr zu einem restriktiveren Kurs bei der Geldmenge ist derzeit aber noch nicht eingeleitet.
Für die private Vergabe von Wohnbaukrediten bedeutet das: Insbesondere bei variablen Krediten liegen die Zinsen aktuell weiterhin auf höherem Niveau. Die 2024 vorherrschende inverse Zinskurve gehört zwar der Vergangenheit an, dennoch lässt sich ein Immobilienkauf oder Hausbau weiterhin mit vergleichsweise moderaten Fixzinssätzen und langen Kreditlaufzeiten finanzieren. Denn bei Neufinanzierungen liegt der Zinsunterschied zwischen fixen und variablen Krediten derzeit noch unter einem Prozent.
Die Entwicklung der Geldmenge im Euroraum gibt Hinweise darauf, welchen Kurs die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Geldpolitik fährt. Infolge der Corona-Krise veranlasste die EZB eine starke Ausweitung der Geldmenge M3, um den Wirtschaftseinbruch abzufedern. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die EZB dieses – vorübergehend starke Geldmengenwachstum – nicht fortfahren möchte. Dies könnte für Kreditkunden zu noch strengeren Richtlinien bei der Kreditvergabe führen.
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Datenquelle: Oesterreichische Nationalbank
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.