Mit den Daten der Statistik Austria lässt sich die Bautätigkeit in Österreich genau nachvollziehen. Besonders interessant ist beispielsweise die Zahl der fertiggestellten Wohnungen: Hier wird deutlich, wie sich das Angebot an Neubauten entwickelt. Erfahren Sie hier alles zur Entwicklung seit 2006 und die Auswirkungen auf das aktuelle Wohnungsangebot sowie die Immobilienpreise.
Sie machen sich Gedanken über Wohneigentum und möchten selbst eine Immobilie erwerben? Dann ist die Anzahl der neugebauten Wohnungen selbstverständlich relevant für Ihre Pläne: Diese hat einen wesentlichen Einfluss auf das Wohnungsangebot am Markt und letztendlich auch auf die Immobilienpreise. In Zeiten reger Bautätigkeit ist eine Wohnbaufinanzierung unter Umständen leichter zu stemmen als bei knappem Wohnungsangebot, da die Immobilienpreise dann in der Regel höher liegen.
Abgesehen von den Boom-Jahren 2006 bis 2008 liegt die Anzahl der neu fertiggestellten Wohngebäude in Österreich seit 2005 konstant zwischen etwa 17.000 und 19.000 Einheiten. Im Jahr 2022 wurde mit 19.326 neuen Wohngebäuden die Bandbreite nach oben durchbrochen. Bei den fertiggestellten einzelnen Wohnungen zeigt sich aber ein anderer Verlauf: Diese Anzahl stieg zwischen 2006 und 2022 deutlich um über 70 % an, von rund 45.000 auf rund 77.000 Einheiten.
Es ist also deutlich ersichtlich, dass die Zahl der fertiggestellten Einzelwohnungen stark zugenommen hat, jene der Wohngebäude aber nicht. Daraus lässt sich ein Trend zu kleineren Wohneinheiten ableiten: Gerade in den Universitäts- bzw. Landeshauptstädten stiegen die Immobilienpreise stark, sodass kleinere Wohnungen immer gefragter wurden. Da es an Bauflächen mangelt und die Preise für Baugrundstücke in Österreich in der Langfristbetrachtung explodieren, geht die Entwicklunghin zu einer verdichteten Bauweise mit höheren Wohngebäuden.
Kleine und kompakte Wohneinheiten in Universitätsstädten waren bzw. sind als Anlegerwohnungen sehr beliebt. Aber auch für die Eigennutzung sind sie eine sinnvolle Alternative, etwa als Zwischenstufe zum eigenen Hausbau oder -kauf bzw. einer späteren größeren Wohnung.
Für die Entwicklung der Bautätigkeit in 2022 kann festgehalten werden, dass die Anzahl neuer Wohngebäude einen Höchstwert seit 2008 erreicht hat. Mit der Bauwirtschaft in Österreich geht zwischenzeitlich deutlich nach unten und es bleibt abzuwarten, ob für 2023 aufgrund bereits begonnener Projekte noch einigermaßen gute Zahlen zu vermelden sind.
Home-Office, Online-Meetings und „Remote Work“: All diese Arbeitsformen haben seit der Corona-Pandemie enorm zugenommen. Dadurch hat Wohnen im Stadtzentrum teilweise an Bedeutung verloren, stattdessen wurde Wohnen im Grünen wieder beliebter. Ob dieser Wohntrend länger anhält, bleibt abzuwarten. Die fortschreitende künstliche Intelligenz im beruflichen Umfeld wird zwischenmenschliche Interaktionen reduzieren, so dass ggf. ein Gegentrend zurück in die Ballungsräume einsetzen könnte, also die Suche nach verstärktem persönlichem Austausch in der Freizeit.
Bei Großbauprojekten gab es zwar vereinzelt Verzögerungen durch coronabedingte Baustopps. Globale Unterbrechungen der Lieferketten führten außerdem zur Verteuerung vieler Rohstoffe – welche durch die Krise in der Ukraine verstärkt wurden. Dennoch haben die Zahl der fertiggestellten Wohnungen 2021 mit 73.162 und 2022 mit 77.346 jeweils einen neuen Rekordwert erreicht.
Die aktuell hohen Kreditzinsen für Wohnbaufinanzierungen bremsen die weitere Bautätigkeit massiv ein. Eines ist heute bereits klar: Einen Boom bei den fertiggestellten Wohnungen wird es 2023 wahrscheinlich, und 2024 mit Sicherheit nicht mehr geben. Die Zahlen zu den fertiggestellten neuen Wohnungen und Wohngebäuden für 2023 werden voraussichtlich erst im letzten Quartal 2024 vorliegen.
Gestiegene Zinsen, eine erhöhte Inflation, weniger Bauflächen und immer noch hohe Grundstückspreise – diese Faktoren werden 2024 das Angebot an neuen Wohnungen und Häusern vermutlich weiter verknappen. Die sinkende Anzahl neuer Wohnungen sollte einen möglichen deutlichen Einbruch der Immobilienpreise abmildern. Ebenso dürften die steigenden Lohnkosten in der Baubranche eher stabilisierend auf die Immobilienpreise wirken (vgl. dazu den aktuellen Baukostenindex).
Vorausgesetzt ein unerwarteter zusätzlicher Zinsschock wegen galoppierender Inflation und drastischer Einbruch der Immobilienpreise bleibt aus, wird vermutlich 2024 der Wohnungsmarkt durch weniger neue Immobilien mit eher stabilen bis höheren Preisen geprägt sein. Wenn Sie also eine passende neue Immobilie oder ein Grundstück in Aussicht haben, gilt die Maxime: besser früher als später zugreifen. Die Finanzierung von Wohneigentum dürfte aufgrund eines voraussichtlich stabilen oder leicht sinkenden Leitzinses auch tendenziell wieder etwas einfacher werden. Bei Gebrauchtimmobilien hingegen ist schon aufgrund der ESG-Thematik eher mit rückläufigen, temporär möglicherweise auch erheblichen Preisrückgängen zu rechnen.
Ob Lage, Baumängel oder Besichtigung: Mit unseren Ratgebern erhalten Sie einen guten Überblick zum Thema Immobilien.
Datenquelle: Statistik Austria
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.