EZB-Leitzins: Verlauf, Statistik und Prognose

Autor: Mag. Elfi Stampfl
aktualisiert am 12. Dezember 2024

Der Leitzins-Verlauf ist entscheidend für die Zinsentwicklung am gesamten Geldmarkt. Das bedeutet: Steigende oder sinkende Leitzinsen werden von Kreditinstituten auch an private Kunden weitergegeben. Erfahren Sie hier, wie sich die Leitzinsen in der Eurozone entwickelt haben, welcher weitere Verlauf wahrscheinlich ist und was die Auswirkungen auf private Wohnbaufinanzierungen sind.

Leitzins-Entwicklung der EZB: Bedeutung für Kreditkunden

Die Entwicklung des EZB-Leitzinses ist für private Kreditkunden von großer Bedeutung, denn dieser wirkt sich auch auf die Zinskonditionen für z. B. Wohnbaufinanzierungen aus. In Phasen niedriger Leitzinsen – etwa dem letzten Jahrzehnt – bekommen Sie auch als Privatperson Kredite zu sehr günstigen Zinsen. Bei variabler Verzinsung merken Sie als Kreditnehmer eine Leitzinserhöhung bzw. -senkung ganz unmittelbar, da der variable Zinssatz laufend an einen Referenzzinssatz (z. B. EURIBOR) angepasst wird, welcher wiederum vom Leitzins abhängt. Aber auch die angebotenen Fixzinssätze werden wesentlich vom erwarteten Leitzins-Verlauf beeinflusst. Insgesamt gibt es 3 Leitzinssätze, für welche die EZB jeweils die Höhe des Zinssatzes festlegt. In unserem Ratgeber EZB-Leitzins finden Sie hierzu weitere Erläuterungen. In folgenden Beitrag geht es um den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, da dies der wichtigste der drei Leitzinsen für das Kreditgeschäft ist. 

EZB-Leitzins: Verlauf und Statistik seit 2000

Vor der Finanzkrise 2008 bewegten sich die EZB-Leitzinsen zwischen 2 und 5 %, mit Spitzen (jeweils über 4 %) im Oktober 2000 und im Juli 2008. Als Reaktion auf die damalige Krise senkte die EZB (Europäische Zentralbank) den Leitzins dramatisch ab; von März 2016 bis 20. Juli 2022 verharrte er auf dem Nullzinsniveau. Der hier zur Verfügung gestellte EZB-Leitzins-Chart 2000 bis 2024 veranschaulicht die Entwicklung. Danach wurde der EZB-Leitzins bis in den Herbst 2023 zehnmal in Folge erhöht. Anschließend wurde von einem Zinsplateau gesprochen, auf welchem der EZB-Rat den Leitzins zunächst belassen hatte. Mit vier Leitzinssenkungen im Juni, September, Oktober und Dezember 2024 wurde das Zinsplateau zwischenzeitlich verlassen. 

Historische Nullzinsphase 2016 bis Juli 2022

Finanzkrise, Bankenkrise, Eurokrise: Die weitreichenden Folgen der letzten Wirtschaftskrise veranlassten die Europäische Zentralbank zu enormen Zinssenkungen. Wie die EZB-Leitzins-Statistik zeigt, erreichte der Leitzins 2016 erstmals die Null-Prozent-Marke. Damit lagen die Zinsen, retrospektiv betrachtet einzigartig, unter der Inflationsrate. In zehn Schritten, erstmals im Juli 2022, dann im September, Oktober, Dezember 2022 sowie dann im Februar, März, Mai, Juni, Juli und September 2023 hat die EZB dann den Leitzins wieder auf 4,50 % angehoben. In den USA und England erfolgten die ersten Erhöhungen der Leitzinsen deutlich früher.

In fünf Entscheidungen nach dem Herbst 2023 hatte der EZB-Rat den Leitzins dann zunächst unverändert bei 4,50 % belassen. Eine in der Geschichte der EZB historisch erstmalige Entscheidung folgte am 06. Juni 2024. Der EZB-Rat hatte beschlossen, erstmals nach einem Zinshoch den Leitzins vor der amerikanischen Zentralbank Fed zu senken. Mit Wirkung ab 12. Juni 2024 wurde der Leitzins auf 4,25 % abgesenkt. Im September, Oktober und Dezember 2024 hat die EZB dann drei weitere Senkung um jeweils 0,25 % entschieden. Der Leitzins (Hauptrefinanzierungszinssatz) liegt nach Entscheidung des EZB-Rates am 12.12.2024 mit Wirkung ab 18.12.2024 damit bei 3,15 %

EZB Leitzins
2000 bis 2024 (in Prozent)

Infina

Anmerkung: Insgesamt wurde der für Kredite relevante Leitzins (Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte) im September 2024 übrigens um 0,60 % auf 3,65 % gesenkt. Die zusätzliche Senkung um 0,35 % basierte auf einer Entscheidung des EZB-Rates im März 2024. Dabei wurden Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen beschlossen und der Abstand zwischen dem Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte und Einlagefazilitäten von bislang 0,50 % auf 0,15 % mit Wirkung zum 18. September 2024 reduziert wird. Diese Maßnahme führt per 18. September 2024 in Summe dazu, dass der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte um 0,60 % gesunken ist (Anpassung geldpolitischer Handlungsrahmen 0,35 % + Zinssenkung 0,25 %). 

Fixzinsen für Wohneigentum wieder günstiger

Die in der Langfristbetrachtung noch erhöhten Leitzinsen erschweren trotz leicht rückgängiger Immobilienpreise weiterhin Wohnbaufinanzierungen. Die EZB gewichtet die höheren Leitzinsen im Zuge der nachhaltigen Inflationsbekämpfung immer noch höher, als die stagnierende bzw. rückläufige wirtschaftliche Entwicklung. Mittelfristig sucht der EZB-Rat den neutralen Zinssatz, bei welchem die Geldpolitik weder kontraktiv noch expansiv wirkt. Für die immer noch hohe Anzahl an Kreditnehmern mit bestehenden Wohnbaukrediten mit variabler Verzinsung in Österreich ist dies keine gute Nachricht. Eine Risikoabsicherung durch eine Umschuldung in eine Finanzierung mit Fixzinssatz inklusive einer Laufzeitverlängerung zur Reduzierung der monatlichen Kreditrate könnte in einige Fällen sinnvoll sein. Aufgrund einer inversen Zinskurve, sind Wohnbaukredite mit Fixzinssatz derzeit im Vergleich mit variablem Zinssatz sogar immer noch günstig zu bekommen.

Entwicklung des EZB-Leitzinses: Tabelle

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des EZB-Leitzinses noch einmal im Detail. Sie sehen dort alle vergangenen Termine, an denen die EZB eine Zinsänderung des Hauptrefinanzierungssatzes entschieden hat, sowie den neuen Zinssatz, der dann mit Wirkung um einige Tage verzögert bis zur nächsten Änderung galt.

Termin der ZinsentscheidungNeuer Leitzinssatz (in Prozent)
01. Jän. 19993
08. Apr. 19992,5
04. Nov. 19993
03. Feb. 20003,25
16. Mär. 20003,5
27. Apr. 20003,75
08. Jun. 20004,25
31. Aug. 20004,5
05. Okt. 20004,75
10. Mai 20014,5
30. Aug. 20014,25
17. Sep. 20013,75
08. Nov. 20013,25
05. Dez. 20022,75
06. Mär. 20032,5
05. Jun. 20032
06. Dez.20052,25
02. Mär. 20062,5
08. Jun. 20062,75
03. Aug. 20063
05. Okt. 20063,25
07. Dez. 20063,5
08. Mär.20073,75
06. Jun.20074
03. Jul. 20084,25
08. Okt. 20083,75
06. Nov. 20083,25
04. Dez. 20082,5
15. Jän. 20092
05. Mär. 20091,5
02. Apr. 20091,25
07. Mai. 20091
07. Apr. 20111,25
07. Jul. 20111,5
03. Nov. 20111,25
08. Dez. 20111
05. Jul. 20120,75
02. Mai. 20130,5
07. Nov. 20130,25
05. Jun. 20140,15
04. Sep. 20140,05
10. Mär. 20160
21. Jul. 20220,50
08. Sep. 20221,25
27. Okt. 20222,00
15. Dez. 2022 2,50
02. Feb. 20233,00
16. Mär. 20233,50
04. Mai 20233,75
15. Jun. 20234,00
27. Jul. 20234,25
14. Sep. 20234,50 
06. Jun. 20244,25
12. Sep. 20243,65
17. Okt. 20243,40
12. Dez. 20243,15
 

Prognose: Wird der EZB-Leitzins weiter sinken?

Wenn Sie überlegen, eine Wohnbaufinanzierung abzuschließen, ist natürlich vor allem der künftige Leitzins-Verlauf interessant. Aber auch bestehende Kreditnehmer sollten die Zinsentwicklung im Blick behalten, um gegebenenfalls mit einer Umschuldung reagieren zu können.

2024 ist das nächste Wendejahr der Geldpolitik

Eine fixe Leitzins-Prognose lässt sich selbstverständlich nicht aufstellen, da stets unvorhergesehene Ereignisse eintreten können. Aber das Jahr 2022 geht als geldpolitisches Wendejahr in die Geschichte ein – auch, was das Zinsniveau betrifft.

Grund dafür war in erster Linie die zuerst hohe und aktuell, nach Einschätzung der EZB, immer noch nicht dauerhaft bekämpfte erhöhte Inflation. Zuletzt ging diese im Euroraum aber deutlich zurück. Die von vielen Experten prognostizierten ersten EZB-Leitzinssenkungen ab Sommer 2024 sind eingetreten. Der Leitzins wird zur nachhaltigen Inflationsbekämpfung voraussichtlich nur sehr langsam sinken. Entscheidend wird zudem sein, wie sich der Leitzins in den USA weiter entwickelt. Eine zu große Zinsdifferenz verändert stark die Finanzströme. Neukreditnehmer werden daher weiterhin mit etwas teureren variablen Kreditkonditionen konfrontiert. Auch bestehende Kreditnehmer mit variabler Verzinsung müssen noch mit erhöhten Finanzierungskosten rechnen.

EZB-Leitzins
Januar 2024 bis Dezember 2024 (in Prozent)

Infina

Leitzinsentscheidungen EZB versus Fed: zuerst zögerlich, dann voranschreitend

Zunächst bremste noch die Ukraine-Krise eine Leitzinserhöhung im Euroraum aus. Denn aufgrund der wirtschaftlichen Folgen für die Eurozone zögerte die EZB lange mit der Anhebung der Leitzinsen, um die Wirtschaft nicht weiter zu belasten. Die EZB hatte dann beschlossen, im Juli 2022 eine Leitzinserhöhung um 0,5 % sowie zwei weitere historische große Zinsschritte von zusätzlich jeweils nochmals 0,75 % im September und Oktober 2022 vorzunehmen. Die folgenden drei Zins-Entscheidungen durch den EZB-Rat erfolgten dann turnusgemäß am 15. Dezember 2022, 02. Februar sowie 16. März 2023 mit einer Erhöhung um jeweils weitere 0,5 %. Die letzten vier Erhöhungen am 04. Mai, 15. Juni, 27. Juli und 14. September 2023 (mit Gültigkeit seit 20. September 2023) erfolgten dann nur noch um 0,25 %. Danach entschied der EZB-Rat am 26. Oktober 2023, 14. Dezember 2023, 25. Januar 2024, 07. März 2024 sowie 11. April 2024 sich für fünf Zinspausen. Nach 10 Leitzinserhöhungen in Folge wurde fünfmal dann der Leitzins also nicht weiter erhöht. 

Mit Wirkung ab 12. Juni 2024 wurde dann erstmals eine Senkung des EZB-Leitzinses um 0,25 % beschlossen. Am 18.07.2024 hingegen hatte der EZB-Rat den Leitzins unverändert belassen. Am 12. September (mit Wirkung 18. September 2024) und 17. Oktober 2024 (mit Wirkung 23. Oktober 2024) sowie 12. Dezember 2024 (mit Wirkung 18. Dezember 2024) hat der EZB-Rat dann drei weitere Leitzinssenkungen um jeweils 0,25 % beschlossen. Aufgrund der Verringerung des Abstandes zwischen dem Zinssatz für Einlagefazilitäten und dem Hauptrefinanzierungssatz um 0,35 % sank mit Wirkung zum 18. September 2024 der für das Kreditgeschäft maßgebliche Leitzinssatz zu diesem Datum in Summe sogar um 0,60 %.    

Langfristige Absicherung gegen steigende Zinsen auch 2024

Eine Wohnbaufinanzierung ist aufgrund der in der Regel sehr langen Kreditlaufzeit immer der realistischen Gefahr steigender Leitzinsen ausgesetzt. Als neuer Kreditnehmer sollten Sie überlegen, aus Sicherheitsgründen eine lange Fixzinsbindung (20 bis 30 Jahre) zu wählen. Für Kreditnehmer mit einer laufenden, aber variabel verzinsten Finanzierung, kann eine Umschuldung auf Fixzinsen sinnvoll sein. Mit einer möglichst langen Kreditlaufzeit reduzieren Sie zusätzlich die monatlichen Kreditraten und erhalten mehr finanziellen Spielraum, egal, wie sich der Leitzins-Verlauf entwickelt.

Tipp: Nutzen Sie unseren Kredit Entlastungsrechner zur Liquiditätsverbesserung und Absicherung einer bestehenden variablen Finanzierung.


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Was kostet mein Wohnbaukredit?

Datenquelle: www.leitzinsen.info
Bildquellen: Infina Grafik
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