Nachdem die Auftragslage in der Bauwirtschaft in Österreich massiv eingebrochen war, besserte sich die Lage auch 2024 kaum. Der mögliche Weg zurück zur alten Stärke wird noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Dieser Beitrag fasst wesentliche momentane Themen der Bauwirtschaft zusammen und gibt zudem einen Blick in die Zukunft.
In den vergangenen Jahren beeinflussten völlig unterschiedliche Aspekte die österreichische Bauwirtschaft stark. Die nachstehende Übersicht zur Bauwirtschaft in Österreich 2024 und 2025 zeigt, wie verschieden und voneinander unabhängig Einflussfaktoren sind, die jedoch kombiniert zu Turbulenzen in der Branche führen.
Die Zinsen für einen Wohnbaukredit sind deutlich gestiegen. Hintergrund ist die Entwicklung des EZB-Leitzinses. Dadurch sind Kredite für Privatpersonen, die ein Eigenheim errichten wollen, deutlich schwieriger leistbar geworden. Sie bleiben daher vermehrt in Mietobjekten, wodurch der Baubranche Aufträge entgehen. Mitte 2024 wurde die Zinswende mit wieder sinkenden Leitzinsen eingeleitet. Die Kreditkosten sinken wieder etwas und dieser Trend sollte sich auch Anfang 2025 fortsetzen.
Durch die verschärften Regeln für die Vergabe von Krediten (KIM-Verordnung: 20 Prozent Eigenmittel für Wohnkredite, maximal 40 Prozent des Einkommens für die Tilgung, etc.) können viele Personen, die gewillt sind, ein Eigenheim zu errichten, schlichtweg keinen Kredit mehr bekommen. Auch dadurch wurden weniger Bauaufträge vergeben und die Anzahl der Baugenehmigungen in Österreich ist rückläufig. Diesbezüglich besteht die Hoffnung, dass im Laufe des Jahres 2025 Lockerungen beschlossen werden. Im November 2024 gab es dazu positive Signale seitens der Nationalbank.
Auch Investoren üben sich derzeit unverändert in Zurückhaltung und so verschieben verschiedene Wohnbaugesellschaften größere Bauprojekte, in der Hoffnung darauf, dass die Zinsen wieder sinken. Im Jahr 2025 werden in Wien beispielsweise wohl nur rund 7.500 Wohnungen fertiggestellt und 2026 soll sinkt diese Zahl womöglich auf unter 2.000.
Nachdem der soziale Wohnungsbau bereits in den vergangenen Jahren rückläufig war, ist auch weiterhin mit wenig Fertigstellungen zu rechnen. In Wien wird am Nordbahnviertel weiterhin, von mehreren Genossenschaften, gebaut. Hier entstehen auch geförderte Wohnungen, z.B. SMART-Wohnungen und Immobilien mit sogenannter „Superförderung“, ähnlich Gemeindebauwohnungen.
Durch die allgemeine Inflation leidet die Kaufkraft der Bevölkerung weiterhin. Die Baubranche in Österreich ist auch deshalb derzeit in schlechter Verfassung, weil schlichtweg weniger Kapital zur Verfügung steht, um Gebäude zu sanieren, auszubauen oder überhaupt ein Haus neu zu bauen. Das zeigt sich etwa auch beim Handwerkerbonus. Diese Fördermöglichkeit steht auch 2025 zur Verfügung und wurde bisher bei Weitem nicht ausgeschöpft.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Anlegerwohnungen verkauft, doch die Baubranche in Österreich spürt 2024 auch hier, nachdem schon 2023 wesentlich weniger Anlegerwohnungen erworben wurden, eine Stagnation auf niedrigem Niveau. Die Preise für Wohnungen sind allerdings etwas gesunken, und Mieten gestiegen, sodass sich die erzielbaren Renditen gebessert haben. Das Interesse an Wohnungen für die Vermietung dürfte deshalb 2025 wieder etwas zunehmen.
In diesem Abschnitt finden Sie die wichtigsten Faktoren, die derzeit und vermutlich auch noch im gesamten Jahr 2025 die Bauwirtschaft in Österreich beeinflussen werden.
Der Leitzinssatz wurde bereits reduziert und es wird erwartet, dass es in dieser Tonart weitergeht. Einerseits soll die Inflationsrate im Bereich des langjährigen Ziels von ca. 2 Prozent pro Jahr gehalten werden, andererseits muss dringend die Wirtschaft angekurbelt werden. Daher ist mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen. Diese Entwicklung ist ein Licht am Ende des Tunnels für die Bauwirtschaft. Ebenso kann der Trend dazu führen, dass Immobilien als Anlageform immer interessanter werden. Sinkende Finanzierungskosten und steigende Mieten könnten die Nachfrage für Eigentumswohnungen zur Vermietung steigern.
Während die Kosten vieler Rohstoffe sich zuletzt auf hohem Niveau stabilisiert haben, sind vor allem die Personalkosten weiterhin ein großes Thema. Die deutlichen Lohnanstiege in Zeiten der Teuerung sind unumkehrbar. Dadurch ist es nahezu unmöglich, dass die Baukosten wieder sinken. Die gute Nachricht für all jene, die bauen oder sanieren möchten: Viele Unternehmen, z.B. auch Fertighausfirmen, bieten aufgrund der stabileren Rohstoffpreise nun wieder fixe Baukosten an. So lassen sich Bauvorhaben finanziell wieder deutlich besser planen.
Der Gesetzgeber wird auf verschiedene Arten die Baubranche weiterhin beeinflussen. Einerseits könnten die Vorgaben für die Kreditvergabe im Lauf des Jahres 2025 entschärft werden. Dann wäre es wieder mehr Menschen möglich, eine Finanzierung zu bekommen, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, und die Nachfrage in der Baubranche steigt an. Allerdings gehen die strengen Vorgaben auf Rahmenbedingungen seitens der EU zurück, wodurch Anpassungen der Vorschriften nur eingeschränkt möglich sind.
Einige Maßnahmen sind bereits in Kraft (Konjunkturpaket 2024), um für finanzielle Entlastung bei Bau und Kauf von Immobilien zu sorgen. Beispielsweise die befristete Befreiung von einzelnen Gebühren (Grundbucheintragungs-Gebühr und Pfandrechtseintragungs-Gebühr), steuerliche Erleichterungen, aber auch zinsvergünstigte Wohnbauförderungen. Die Maßnahmen sollten jedenfalls dazu beitragen, die Bauwirtschaft merklich zu stärken und Menschen dabei unterstützen, wieder den Traum vom Eigenheim realisieren zu können.
Die Inflationsrate ist zurückgegangen und hat sich zuletzt stabilisiert. Neben der Inflationsrate wird jedoch möglicherweise die Arbeitslosigkeit ein relevanter Faktor, wenn es darum geht, wie viele Menschen sich Sanierungen, Umbauten, einen Zubau, eine Hausaufstockung und Neubauten leisten können. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Österreichs ist für die Bauwirtschaft 2025 somit zwar von indirekter, aber sehr großer Bedeutung.
Wo Schatten ist, da gibt es auch Licht und dies trifft auch auf die heimische Bauwirtschaft zu. Denn so schwierig es derzeit für manche Unternehmen ist, so tun sich doch auch neue Gelegenheiten auf, um Märkte zu erschließen und neue Kundengruppen zu gewinnen. Folgende Beispiele zeigen, welche neuen Potenziale die Bauwirtschaft derzeit nutzen kann:
Manche Einflussfaktoren, beispielsweise geopolitische Entwicklungen inklusive damit einhergehender Sanktionen, lassen sich kaum vorhersagen. Doch auf Basis vergangener Erfahrungen lässt sich zumindest vermuten, wie sich die verschiedenen Segmente der Bauwirtschaft in Österreich weiterentwickeln werden.
Durch die reduzierte Bautätigkeit ist in den Jahren 2025 und 2026 mit einer massiven Verknappung von Wohnraum zu rechnen. Es werden viel weniger Projekte fertiggestellt und auch die Baugenehmigungen zeigen, dass wenig neuer Wohnraum geschaffen wird. Der Tiefpunkt wird voraussichtlich erst im Jahr 2026 erreicht sein. Naheliegend ist, dass die Immobilienpreise dadurch wieder steigen werden, da die Nachfrage für Mietwohnungen in Ballungszentren groß ist.
Wie es im Segment der Einfamilienhäuser weitergeht, hängt primär vom Zinsniveau und der Bereitschaft der Banken zu Kreditvergabe ab. Zumindest 2025 wird sich wohl der Trend zur Aufwertung bestehender Flächen (thermische Sanierung, Dachgeschoßausbau, etc.) fortsetzen. Die Baubranche ist hier gefordert, leistbare Lösungen für Baufamilien anzubieten, etwa durch innovative Konzepte wie kompakt geplante Häuser.
Sollte es zu Lockerungen bei der Kreditvergabe kommen und wenn zusätzlich die Zinsen weiter zurückgehen, darf auf die Bauwirtschaft somit Hoffnung schöpfen, mittelfristig wieder etwas besser gefüllte Auftragsbücher zu erlangen.
Der sogenannte „Nichtwohnungsbau“ umfasst öffentliche Gebäude und Betriebsgebäude. Laut einer Veröffentlichung von Statista Austria am 27.03.2024 lag der Rückgang des Volumens im Nichtwohnungsbau in 2023 bei -2,5 %, nach einem Rückgang von -2,8 % in 2022. Für 2024 gibt es noch keine finalen Daten, aber der Rückgang dürfte noch höher ausfallen als in den Vorjahren. Für 2025 wird in diesem Segment leichtes Wachstum erwartet.
Eine Chance für die Bauwirtschaft: Öffentliche Investitionen konnten die Branche schon in der Vergangenheit immer wieder stärken. So könnte es auch künftig wieder mehr staatliche Bauaufträge geben, um die Bauwirtschaft zu unterstützen. Diese sind in der geplanten Bauoffensive bereits explizit erwähnt. Der Staat selbst wird also zahlreiche Wohnungen errichten, um einerseits den Wohnbedarf der Bevölkerung zu decken und andererseits die Bauwirtschaft zu unterstützen. Weitere Beispiele dafür sind etwa auch Kindergärten und sonstige öffentliche Gebäude, die neu errichtet werden.
Unklar bleibt, wie die neue Regierung mit den bisherigen Ankündigungen rund um die Wohnbauoffensive verfahren wird. Aufgrund des Budgetdefizits sind Einsparungen zu erwarten. Ob diese auch staatliche Bautätigkeiten betreffen, ist derzeit noch nicht absehbar.
Im Tiefbau ist die Situation ähnlich wie im Nichtwohnungsbau, denn gerade hier sind staatliche Aufträge besonders wichtig. Dabei ist nicht ausschließlich an den sehr bedeutenden Straßenbau zu denken, sondern etwa auch an Baumaßnahmen zur Verlegung von Glasfaser-Kabeln. In diesem Segment gibt es zudem bereits jetzt Förderungen, die Gemeinden nutzen können, um beispielsweise neue Radwege zu bauen.
Dieses Beispiel zeigt, wie Bund, Länder und Gemeinden neue Infrastruktur schaffen und dadurch die Bauwirtschaft unterstützen. Wie in diesem Segment die Zukunft aussieht, ist speziell wegen der schlechten Budgetsituation Österreichs schwer vorherzusagen. Es ist nicht auszuschließen, dass solche Ausgaben (Radwege, etc.) verringert werden. Andererseits sind Investitionen in die Infrastruktur teils unvermeidbar, etwa beim Straßen- und Bahnnetz oder auch bei der Kanalisation, womit im Tiefbau immer Aufträge vorhanden sein werden.
Die Bauwirtschaft befindet sich insgesamt in einer schwierigen Situation. Staatliche Eingriffe (Erlass von Gebühren, Handwerkerbonus etc.) stellen zwar positive Anreize dar, erzielen bislang jedoch keine massive Auswirkung. In der gesamten Bauwirtschaft waren im Jahr 2023 fast 300.000 Personen beschäftigt – das unterstreicht die enorme Bedeutung der Branche für den Arbeitsmarkt. Wirklich entscheidend wird sein, wie stark die Zinsen zurückgehen und inwiefern die Kreditvergabe erleichtert wird.
Die Bauwirtschaft in Österreich hatte es im Jahr 2024 nicht einfach, wenngleich die Branche in früheren Jahren massiv profitiert hatte. Für die rückläufige Auftragslage gibt es unterschiedlichste Gründe, von der strengeren Kreditvergabe-Richtlinie bis hin zur generellen Finanzkraft der Bevölkerung, die durch die allgemein hohe Inflation beeinträchtigt ist. Lichtblicke sind thermische Sanierungen, Um- und Ausbauten von Gebäuden und die Tatsache, dass mittelfristig der Bedarf an Wohnraum weiter ansteigen wird. Es muss also jedenfalls wieder deutlich mehr gebaut werden, damit Wohnraum nicht zum noch knapperen Gut wird.
Grund für vorsichtigen Optimismus gibt es dank der rückläufigen Zinsen. Kredite werden also wieder einfacher leistbar. Sollte tatsächlich auch die Vergabe der Kredite (Stichwort: KIM-Verordnung) wieder erleichtert werden, könnte es zu Nachholeffekten kommen, von denen die Baubranche wesentlich profitieren würde. Viele Menschen, die bislang den Wohnungskauf oder Hausbau verschoben haben, könnten dann ihr Vorhaben in die Realität umsetzen. Ob und wann diese Situation eintreten wird, ist derzeit noch nicht genau absehbar.
Ob Immobilienkauf oder –verkauf, Zinsentwicklungen oder leistbares Wohnen. Mit unseren Ratgebern erhalten Sie einen guten Überblick zum Thema Markt.
Bildquellen: Michael / Adobe Stock, Anoo / Adobe Stock, Witte Mediendesign© / Adobe Stock
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.
Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.