An der Statistik der Baugenehmigungen der vergangenen Jahre lässt sich ablesen, wie sich die Bautätigkeit in Österreich entwickelt hat. Für private Kreditkunden im Bereich Wohnbau sind diese Zahlen besonders interessant, da sich z. B. auch Auswirkungen auf die Immobilienpreise ergeben. Erfahren Sie hier die aktuellen Trends und welche Schlussfolgerungen Sie als privater Kreditkunde daraus ziehen können.
Als privater Kreditnehmer einer Immobilienfinanzierung ist das für Sie von mehrfacher Bedeutung: Die Anzahl hat beispielsweise Einfluss auf die kurzfristigen Immobilienpreise und die Anzahl der Kreditanfragen für Wohnbaukredite. Je stärker die Anzahl der Baugenehmigungen sinkt, desto mehr steigen generell die Immobilienkaufpreise und umgekehrt. Zudem bedeutet eine steigende Anzahl von Baugenehmigungen aber einen größeren Finanzierungsbedarf, was tendenziell teurere Bankkonditionen zur Folge haben kann.
Von 2010 bis 2021 stieg die Anzahl der genehmigten neuen Wohngebäude in Österreich auf Jahresbasis von 18.828 auf 22.796. In dieser Langfristbetrachtung stieg die Jahresanzahl also um 21,1 %. Im Jahr 2022 folgte dann mit 19.091 Wohngebäuden der Einbruch um über 16 %, wieder auf das Niveau von 2011. Einen absoluten Tiefstwert markiert das Jahr 2023 bei den Baugenehmigungen für neue Wohngebäude mit nur noch 12.273 Einheiten (Rückgang gegenüber 2022 nochmals um 35,7 %). Dieser ist der mit Abstand tiefste Wert seit 2010. Bei den genehmigten Wohnungen ist die gleiche Entwicklung zu sehen: Wurden 2010 noch 52.078 neue Wohnungen genehmigt, so waren es 2021 78.758 – eine Steigerung um 51,2 % in diesen 11 Jahren. Im Jahr 2022 folgte dann ein Einbruch um 18,5 % auf 64.194 Einheiten und in 2023 eine weitere erhebliche Reduzierung um 27,5 % auf nur mehr 46.565 Einheiten.
Die Statistik der Baugenehmigungen zeigt im 11-Jahres-Zeitraum also einen deutlichen Trend nach oben. Obwohl die Entwicklung der Immobilienpreise in diesem Zeitraum nur eine Richtung kannte, nämlich nach oben, stieg die Anzahl der Baugenehmigungen in Österreich kontinuierlich. Interessant ist hierbei, dass die Immobilienpreise stiegen, obwohl die Bautätigkeit zunahm und laufend neuer Wohnraum geschaffen wurde. Festzuhalten bleibt damit, die Nachfrage nach Immobilien war bis 2021 ungebrochen hoch. Im Anschluss folgte dann der Einbruch.
Bei der Analyse von Detaildaten ist zudem auffällig, dass die Baugenehmigungen für jene Wohnungen, die sich in Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen befinden, besonders stark stiegen. Zwischen 2010 und 2022 zeigte sich ein Wachstum von 21.488 auf 33.109 (Jahr 2021 sogar 41,422), was einer Steigerung von über 50 % entspricht (im Ausnahmejahr 2023 liegt die Anzahl dann bei 23.748). Dies ist auf den Trend zu verdichteter Bauweise in Ballungszentren bzw. zu kleineren Wohnungen zurückzuführen. Denn gerade die Nachfrage nach diesen kleinen und mittleren Wohnungen im städtischen Raum, etwa der klassischen Zwei-Zimmer-Anlegerwohnung, war besonders hoch.
Die Statistik der Baugenehmigungen von neuen Wohngebäuden in den letzten vier Quartalen zeigt, dass im dritten Quartal 2023 die Anzahl der Baugenehmigungen mit noch 2.754 am höchsten war. Aber auch dies war gegenüber dem Vorquartal ein deutlicher Rückgang um über 20 %. Dieser Negativtrend setzte sich auch im vierten Quartal 2023 mit 2.451 Baugenehmigungen (-11 %) fort. Im ersten Quartal 2024 scheint mit 2.468 Baugenehmigungen die Talsohle zunächst einmal erreicht zu sein. Im zweiten Quartal 2024 wurden dann mit 2.635 Baugenehmigungen wieder mehr etwas erteilt. Dennoch ist dies im Vorjahresquartalsvergleich ein erheblicher Rückgang um 24 % (Q2.2023 noch 3.477 Baugenehmigungen).
Nach dem Trend zu vermehrten Bauaktivitäten im Grünen 2021 (Auslöser: Corona und Home-Office), der dann folgenden Kostenexplosion bei den Rohstoff-Preisen durch die Ukraine-Krise in 2022, dominieren seit dem dritten Quartal 2022 die Zinserhöhungen und zuletzt infolge der Inflation zusätzlich die Lohnerhöhungen auf dem Bau die Bauvorhaben in Österreich. Geplante Bauvorhaben von Bauträgern und im privaten Hausbau wurden und werden unverändert auch im Jahr 2024 aufgeschoben. Die Anzahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen sinkt damit in der Folge vom dritten Quartal 2023 (11.451) auf das zweite Quartal 2024 (10.672) um fast 7 %.
Aktuell lässt sich noch nicht abschätzen, ob die mittelfristige Entwicklung hin zum Ein- und Zweifamilienhaus im Grünen – auch vor dem Hintergrund vermutlich dauerhafter Leitzinsen deutlich über Null Prozent - weiter anhält bzw. in welchem Ausmaß der Trend zur Verstädterung wieder zurückkehrt. Davon hängt dann ab, wie sich die Baugenehmigungen auf den städtischen und ländlichen Raum verteilen.
Unabhängig davon, wie stark die Bautätigkeit in Ihrer aktuell präferierten Region ist, sollten Sie auf eine gute Lage der Immobilie achten. Hier gilt: Suchen Sie lieber etwas länger, bis Sie wirklich eine Immobilie in passender Lage finden – denn Sie haben dann ein deutlich geringeres Risiko eines möglicherweise stagnierenden oder sinkenden Immobilienwertes. Bei gebrauchten Immobilien hingegen wirkt sich zunehmend der Energiestandard auf den Immobilienpreis und den Wiederverkaufswert aus.
Die Preise für bereits fertiggestellte Neubauwohnungen sind in den meisten Regionen leicht gesunken. Grund dafür sind die erheblich gestiegenen Zinsen. Dieser Effekt führt tendenziell zu erforderlichen Abschlägen beim Verkauf bereits fertiggestellter Neubauwohnungen von Bauträgern. Für viele Kunden ist die monatliche Kreditrate zu hoch und sie können Wohnungen nur noch bei entsprechenden Preisnachlässen finanzieren. Bauträger gewähren diese Abschläge, um der bestehenden Zinslast aus vorfinanzierten Wohnungsbauten entgegenzuwirken.
Baugründe sind unverändert in vielen Regionen in Österreich rar und teuer. Daher ist damit zu rechnen, dass sich die zukünftigen Projekte des Wohnbaus mehr in den Speckgürtel verlagern werden. Aufgrund sinkender Anzahl fertiggestellter Neubauten und erhöhter Inflation muss mit einigermaßen stabilen und dann wieder steigenden Immobilienpreisen für Neubauten gerechnet werden. Zudem sollte der Trend zu kleineren Wohneinheiten mittelfristig weiter anhalten, da diese eher leistbar sind.
Ob Kreditarten, Laufzeit oder Wohnbauförderung: In unseren Ratgebern finden Sie hilfreiche Informationen rund um die Finanzierung einer Immobilie.
Datenquelle: Statistik Austria
Bildquellen: Infina Grafik
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Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.