Zinscap: Definition, Chancen und Risiken

Steigender Münzhaufen
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Autor: Mag. Harald Draxl
Kategorie: Zinsen
Datum: 24.06.2024

Nach einer längeren Phase, in welcher die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen ständig erhöhte, scheint jetzt ein gewisses Zinsplateau erreicht zu sein. Sofern Sie jetzt fallende Zinsen erwarten, könnte das Thema Zinsabsicherung in den Hintergrund geraten. Dennoch sollten Sie bedenken, dass langfristige Darlehen mit variablen Zinssätzen nicht risikofrei sind: Steigen die Zinssätze wieder, ob jetzt oder später, verteuert sich der Kredit beträchtlich. Hier kann ein Zinscap eine gute Möglichkeit einer Zinsabsicherung sein, um ungewollte Mehrkosten zu vermeiden. Aber wie genau funktioniert dieses Finanzinstrument? Wann lohnt es sich und was sind hierbei die Chancen und Risiken? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Beitrag.

Definition: Was ist ein Zinscap?

Ein Zinscap (auch Zinscap-Optionsschein) funktioniert wie ein Sicherheitsnetz, das vor allzu stark steigenden Zinsen schützt. Der Kreditnehmer wählt eine Zinsobergrenze (auch als Strike bezeichnet) sowie die Laufzeit der Absicherung. Steigt das Zinsniveau während der Kreditlaufzeit über diese Grenze, so erhält er am Ende jeder Zinsanpassungsperiode eine Ausgleichszahlung – und zwar genau über die Differenz zwischen der Obergrenze und dem tatsächlichen Zinsniveau.


Das Wichtigste im Überblick

  • Absicherung gegen steigende Zinsen bei Finanzierungen mit variablem Zinssatz.
  • Sinnvoll, wenn Zinserhöhungen während der Kreditlaufzeit zu erwarten sind.
  • Eher vorgesehen für größere Kredite ab 50.000 Euro.
  • Erhalt von Ausgleichszahlungen, wenn ein vereinbarter Höchstzinssatz überschritten wird.
  • Anders als bei einem Fixzinskredit kann hierbei von Zinssenkungen weiterhin profitiert werden.
  • Bei einem Zinscap handelt es sich um ein Veranlageprodukt, in Österreich häufig nur auf Anfrage und eingeschränkt gewährt.
  • Zinscap wird unabhängig von Grundgeschäft (z. B. einer Wohnbaufinanzierung) abgeschlossen.
  • Gewährung Zinscaps von Banken in Österreich für Privatpersonen meist nur mit Nachweis über eine neue oder bestehende Finanzierung.

Verschiedene Arten von Zinscaps

Die Absicherung gegen steigende Zinsen wird von Banken in unterschiedlichen Variationen angeboten. Je nach Kreditbetrag, Kreditlaufzeit und Budget ist faktisch für jede Anforderung ein passendes Produkt vorhanden. Die Zinscaps werden dabei unterschieden in:

EndfälligAbgesicherter Betrag bleibt während der gesamten Laufzeit unverändert.
Tilgend oder teiltilgendDer abgesicherte Betrag reduziert sich durch regelmäßige Tilgungen bis auf null bzw. einen Restbetrag am Ende der Laufzeit.
Forward StartDie Absicherung des Betrages erfolgt erst ab einem festgelegten Zeitpunkt, der zeitlich später als der Finanzierungsbeginn liegt.

Achtung: Forward Start und Forward Darlehen sind nicht dasselbe. 


Wann ist ein Zinscap sinnvoll?

Es handelt sich hierbei um ein verhältnismäßig teures Produkt, welches sich für kleinere Kreditsummen kaum lohnt. Er ist daher eher für Kreditsummen ab 50.000 Euro vorgesehen und vor allem dann ratsam, wenn während der Kreditlaufzeit Zinserhöhungen wahrscheinlich sind

Prinzipiell lässt sich also sagen: Je stärker die Zinsen steigen, desto wahrscheinlicher wird eine Ausgleichszahlung und genau dann ist ein Zinscap sinnvoll. Zum richtigen Zeitpunkt eingerichtet, können Kreditnehmer sich so gegen turbulente Zeiten auf dem Zinsmarkt wappnen. 

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Zinscap kaufen: Das ist zu beachten

Wie im vorherigen Punkt erläutert, sind die Kosten für dieses Finanzinstrument relativ hoch. Beim Kauf ist eine sofort fällige Prämie zu zahlen, die 6-13 % der Kreditsumme (bei 20 Jahren Laufzeit) betragen kann und spätestens am Laufzeitende verloren geht. Die Höhe dieser Kosten hängt hierbei von folgenden Faktoren ab:

  • der Laufzeit des Vertrages bzw. der Zinsabsicherung
  • dem Kreditvolumen
  • der Zinsobergrenze (Strike), bei der die Absicherung greifen soll
  • dem Zeitpunkt, an welchem die Absicherung einsetzen soll
  • dem Geldmarktsatz (auch Basiswert): üblicherweise EURIBOR (Euro Interbank Bank Offered Rate), welcher die durchschnittlichen Zinssätze bezeichnet, zu denen die meisten europäischen Banken Anleihen gewähren
  • dem Ausübungspreis (in diesem Zusammenhang auch Caprate genannt). Dieser bezeichnet den festgelegten Preis, zu welchem Sie den Geldmarktsatz am Stichtag kaufen können
  • der Länge der Zinsanpassungsperioden (Caplets), meistens sind dies 3, 6 oder 12 Monate bzw. seltener auch 1 Monat

Zum Ende jeder Zinsanpassungsperiode wird der Geldmarktsatz bestimmt. Davon hängt ab, ob der Kreditnehmer eine Zahlung erhält und wie hoch diese ausfällt. Allerdings: Steigen die Zinsen nicht, gibt es auch keine Ausgleichszahlungen. Um unnötige Mehrkosten zu vermeiden sollten Sie zudem Folgendes beachten:

  • Sind die Kosten für die Zinsabsicherung höher als die zu erwartenden Zinssteigerungen? Wie hoch müssen die Zinsen sein, damit von dieser Option wirklich profitiert werden kann?
  • Muss sich die Absicherung über die gesamte Kreditlaufzeit erstrecken oder kann sie nur einen Teil davon umfassen? Denn zum Ende der Kreditlaufzeit sinkt das Zinsrisiko ohnehin, da der Kreditbetrag bereits stark geschrumpft ist.

Zinscap: Beispiel zur Berechnung

Wie kann die Berechnung eines Zinscaps konkret aussehen? Hier ein vereinfachtes Rechenbeispiel:

Es wird ein Immobilienkredit über 200.000 Euro zu 3,5 % Zinsen pro Jahr aufgenommen, die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Es soll zudem über 15 Jahre abgesichert werden, dass die Zinsen während der Kreditlaufzeit nicht über 4,5 % steigen

Es wird also ein passender Zinscap mit einem Höchstzinssatz von 4,5 % gekauft. Die Cap-Prämie beträgt beispielsweise 5.000 Euro pro 100.000 Euro Kreditsumme. Das wären in diesem Beispiel insgesamt 10.000 Euro, die sofort nach Abschluss der Absicherung fällig werden.

Solange die Zinsen unter der 4,5 %-Marke bleiben, erfolgt keine Ausgleichszahlung. Steigen die Zinsen aber auf bspw. auf 5,5 %, so wird die Differenz von 5,5 % zu 4,5 % als Ausgleichszahlung am Ende jeder Abrechnungsperiode (meist 3, 6 oder 12 Monate) gutgeschrieben. 

Die Berechnung in diesem Fall wäre: 

(5,5 % - 4,5 %) x 200.000 € = 1 % x 200.000 € = 2.000 € p. a.

Tipp: Lesen Sie hierzu unseren Beitrag Zinsentwicklung und Prognosen.


Vorteile und Nachteile von Zinscaps

Die wichtigsten Punkte zu Bedeutung, Funktion und Berechnung von Zinscaps wurden erläutert. Doch was sind in Summe die Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Risiken dieses Finanzinstruments?

Vorteile/ Chancen:Nachteile/ Risiken:
Kreditnehmer können weiterhin von Zinssenkungen profitieren, anders als bei einem Kredit mit Fixzinsen.Die Kosten für die Prämie sind relativ hoch.
Bedarfsgerechte Absicherung gegen steigende Zinsen für neue und bestehende Finanzierungen.Bleiben die Zinsen unter dem abgesicherten Niveau, erhalten Sie während der Laufzeit keine Gegenleistung. Das Geld geht in diesem Fall verloren.
Die Zinsobergrenze kann individuell ausgehandelt werden.Die Prämie wird sofort nach Abschluss von der Bank eingezogen.
Bei Überschreitung der Zinsobergrenze wird die erhöhte Ratenbelastung durch Ausgleichszahlungen von der Bank abgedeckt.Je länger der Kredit läuft und je niedriger der Absicherungszinssatz ist, desto teurer wird die Absicherung.
Die zusätzlichen Kosten für die Sicherheit kann auch nur auf einen Teil der Kreditlaufzeit beschränkt werden kann. Ist der Großteil des Kredits bereits abbezahlt, verursachen Zinserhöhungen nur geringere Kosten und müssen nicht unbedingt abgesichert werden. 
Die höchstmögliche Kreditratenbelastung wird dadurch besser kalkulierbar. 

Zinscap: die Versicherung gegen steigende Zinsen

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass ein Zinscap grundsätzlich wie eine Versicherung gegen steigende Zinsen funktioniert. Während in der bis Anfang 2022 vorherrschenden Niedrigzinsphase ein Zinscap durchaus ein sinnvolles Instrument zur Absicherung von größeren Finanzierungen sein konnte, ist dies in der jetzigen Phase wieder höherer Zinsen für Wohnbaufinanzierungen meistens weniger sinnvoll.

Ob die Kosten hierfür am Ende der Kreditlaufzeit tatsächlich gerechtfertigt sind, lässt sich leider nicht vorhersagen. Daher sollten Sie vor Abschluss dieser Option sorgfältig abwägen, ob diese Art der Zinsabsicherung für Ihren Kredit lohnenswert ist oder ob ein Kredit mit einem Fixzinssatz die bessere Alternative darstellt.

Tipp: Sofern Sie bereits eine laufende Finanzierung haben, können Sie bei einer variablen Finanzierung sich gegen weitere Zinsen absichern. Testen Sie die Möglichkeiten mit unserem Kredit-Entlasungsrechner.

Bildquelle: Denphumi/ Shutterstock.com, Andrii Yalanskyi/ Shutterstock.com, Dilok Klaisataporn/ Shutterstock.com
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.


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Über den Autor: Mag. Harald Draxl
Position: Geschäftsführer

Meine Kreditkompetenz habe ich 1995 durch die Leitung des Gewerbekunden-Centers bei der Creditanstalt AG und seit 1997 als Baufinanzierungs-Spezialist bei der CA Baufinanzierungs-Beratung GmbH aufgebaut. Im Jahr 2002 wurde ich Gesellschafter bei der Infina und ab November 2004 in die Geschäftsführung berufen. Meine Zuständigkeit ist seither die Leitung unseres Vertriebes und der Banken-Kooperationen. Ich beschäftige mich tagtäglich mit den Entwicklungen am österreichischen Kredit- und Immobilienmarkt, um unsere gesamte Vertriebsorganisation stets über die besten Produkte und aktuellen Zinssätze für die Kundenberatungen auf dem Laufenden zu halten.

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