Wie viel ist eine Immobilie wert und wie lässt sich diese Frage zuverlässig beantworten? Den Wohnungswert berechnen ist in unterschiedlichen Situationen nötig. Um den Wert einer Immobilie möglichst genau kalkulieren zu können, gibt es unterschiedliche Berechnungsmethoden. Wir zeigen in diesem Beitrag, wie die Berechnung erfolgen kann, wozu diese nötig ist und welche Aussagekraft die Kalkulationsergebnisse in der Praxis haben.
Wie lässt sich der Wert einer Wohnung ermitteln?
Jede Immobilie ist anders. Alle Vor- und Nachteile müssen beachtet werden, um den tatsächlichen, fairen Wert einer Wohnung ermitteln zu können. Die zentralen Faktoren sind etwa Größe, Lage, Grundriss und Zustand der Immobilie. Doch auch viele Details spielen eine Rolle, wenn es darum geht, welcher Preis sich am freien Markt schlussendlich erzielen lässt.
Für die Wertermittlung von Immobilien gibt es drei zentrale Methoden:
- Vergleichswertverfahren
- Sachwertverfahren
- Ertragswertverfahren
In weiterer Folge gehen wir noch näher auf die einzelnen Verfahren und deren Vor- und Nachteile ein. Zuerst aber sind einige wesentliche Situationen angeführt, wann denn überhaupt eine Berechnung des Wohnungswerts nötig wird.
Wann ist es sinnvoll, den Wohnungswert berechnen zu lassen?
Die Situationen, in denen es sinnvoll ist, den Wohnungswert berechnen zu lassen, können ganz unterschiedlich sein. Die Berechnung kann etwa schon vor dem Kauf der Immobilie erfolgen, um zu klären, ob ein Kredit in der dafür erforderlichen Höhe gewährt werden kann. Ebenso ist es möglich, dass die Kalkulation dazu dient zu prüfen, welchen Wert eine Immobilie hat, wenn diese als (zusätzliche) Sicherheit für die Finanzierung eines anderen Vorhabens eingebracht werden soll.
Tipp: In unserem Ratgeber Simultanhypothek können Sie mehr zu einer Hypothek auf mehrere Immobilien erfahren.
Besonders wichtig ist die Berechnung dann, wenn vermutet wird, dass der Wert der Immobilie sich seit dem Kauf deutlich erhöht hat (z.B. durch aufwertende Umbaumaßnahmen oder Maßnahmen zur energetischen Sanierung oder einen altersgerechten Umbau) und eine Umschuldung oder Anschlussfinanzierung angedacht ist.
Weniger erfreuliche Anlässe für die Bewertung einer Immobilie sind Scheidungen und Erbschaftsangelegenheiten, also Situationen, in denen ein fairer Wert zur gerechten Aufteilung des Objektes benötigt wird. Diese sind gleichzeitig die mit am häufigsten Anlässe, um eine professionelle Wertermittlung durch einen Externen vornehmen zu lassen. Weiterführende Informationen zu diesen Vorgängen finden Sie in unseren Ratgebern Kredit-Umschuldung bei Scheidung und Erbe von Immobilien.
Woraus ergibt sich der Wert einer Wohnung?
Das Gutachten eines Sachverständigen mutet immer etwas technisch und komplex an. Wenn Sie verstehen möchten, wie sich der Wert einer Immobilie grundlegend ergibt, können Sie sich auf einige ganz zentrale Einflussgrößen konzentrieren. Sie entscheiden maßgeblich darüber, welchen Wert eine Wohnung tatsächlich hat.
Lage
Der Preis einer Immobilie ergibt sich aus den drei Faktoren „Lage, Lage, Lage“ – so lautet ein altes Sprichwort der Immobilienbranche. Das ist vielleicht etwas übertrieben, doch wo genau sich eine Wohnung befindet ist weiterhin wohl einer der wichtigsten Aspekte überhaupt. Neben dem direkten Umfeld (Gebäude, Nachbarschaft, etc.) zählt auch die Infrastruktur (Anbindung an den öffentlichen Verkehr, nahegelegene Schulen und Ärzte, etc.) maßgeblich zur Beurteilung der Lage der Wohnung.
Baujahr
Das Baujahr der Immobilie ist in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Bei Altbauwohnungen können Mietzinsregulierungen greifen. Außerdem lässt das Baujahr erahnen, welche Sanierungsarbeiten, die bislang nicht erfolgt sind, in absehbarer Zeit bevorstehen werden. Das Baujahr der Immobilie ist somit besonders in Zusammenhang mit weiteren Informationen (Welche Sanierungen wurden wann ausgeführt, etc.) bedeutsam.
In unserem Beitrag Altbausanierung: Kosten, Förderung und Tipps finden Sie hier weitere Informationen. Zudem wird das Thema ESG dazu führen, dass in Zukunft für ältere Wohnungen deutlich höhere Investitionen erforderlich sein werden.
Wohnfläche
Die Größe der Wohnung bestimmt maßgeblich über den Wert der Immobilie mit, denn schließlich wird oft der Preis pro Quadratmeter für die Berechnung des Wertes herangezogen. Doch Achtung: Es gibt auch Immobilien, deren Größe aus anderen Gründen relevant ist. Sehr kleine Apartments und extrem große Wohnungen lassen sich, je nach Lage, schwieriger vermieten. Auch diese Überlegung muss in die Wertermittlung einfließen – besonders, wenn die Wohnung als Anlegerwohnung und damit Renditeobjekt genutzt wird.
Zustand der Wohnung
Der Zustand der Wohnung ist entscheidend, welche Sanierungskosten zu erwarten sind, ob die Immobilie sofort bezogen werden kann und welcher Ertrag sich durch eine Vermietung ergeben würde. Ob Erstbezug, abgewohnt oder gar völlig sanierungsbedürftig macht für die Werteinschätzung der Wohnung deshalb massive Unterschiede. Um den Zustand korrekt einschätzen zu können ist es empfehlenswert, alle Dokumente (Rechnungen, etc.) von Sanierungsarbeiten immer langfristig aufzubewahren.
Zustand des Gebäudes
Gerade bei einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus ist auch der Gesamtzustand der Immobilie wichtig. Es muss geprüft werden, welche Arbeiten zur Erhaltung des Hauses nötig sein werden. Von Bedeutung ist auch die Höhe der Betriebskosten und der Betrag, der bereits als Rücklage für das Haus bislang angespart wurde und somit zur Deckung künftiger Erhaltungsmaßnahmen bereitsteht.
Ausstattung
Welcher Boden befindet sich in der Wohnung? Gibt es ein kleines Bad oder womöglich vielleicht sogar zwei Bäder? Ist die Wohnung auf ein altersgerechtes Wohnen ausgelegt? Ist eine Freifläche vorhanden? Nicht nur der Zustand, auch die konkrete Ausstattung, die eine Wohnung im Detail mit sich bringt, ist wichtig. Dazu zählt auch die Ausrichtung der Wohnung, denn ein südseitiger Balkon steigert den Wert der Immobilie deutlich mehr als ein Klopfbalkon in einem Lichtschacht.
Wohnungswert berechnen: Verfahren
Um nun die eigentliche Berechnung, auf Basis all der genannten Einflussfaktoren, durchführen zu können, gibt es drei verschiedene Verfahren. Diese dienen der Kalkulation eines möglichst objektiven, gerechten und nachvollziehbaren Wertes der Wohnung. Sie funktionieren recht unterschiedlich, weshalb im Nachfolgenden auf alle drei Bewertungsmodelle eingegangen wird.
Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren ist in Österreich weit verbreitet und beliebt. Wie der Name schon vermuten lässt, wird geprüft, welche ähnlichen Objekte kürzlich veräußert wurden und welche Preise dabei zustande kamen. Wichtig ist zu verstehen, dass die tatsächlichen Kaufpreise entscheidend sind. Diese weichen oft deutlich von den Preisen ab, die in Online-Inseraten oder Angeboten von Immobilienmaklern zu finden sind. Deshalb ist die Annahme, man könne ja selbst mit andern aktiven Inseraten vergleichen, trügerisch. Da es praktisch nie eine Immobilie gibt, die völlig ident ist und gerade eben verkauft wurde, wird das Verfahren auch als „indirektes Vergleichswertverfahren“ bezeichnet.
Vorteile auf einen Blick:
- Tatsächliche, reale Kaufpreise als Kalkulationsgrundlage
- Schnell umsetzbares Verfahren
- Aktuelle Vergleichswerte im städtischen Bereich gut verfügbar
Nachteile auf einen Blick:
- Nicht immer und überall gibt es gute Vergleichsdaten
- Preise am Immobilienmarkt können sich zwischenzeitlich ändern
- Der Zustand von Vergleichsobjekten ist nicht im Detail bekannt
Kalkulation – Vergleichswertverfahren
Die Berechnung erfolgt dann ganz einfach. Die verschiedenen Kriterien werden gegenübergestellt (Größe, Ausstattung, Freifläche, usw.). Unterschiede werden erfasst und finanziell bewertet. Gibt es bei der Vergleichswohnung keinen Balkon, bei Ihrer Wohnung hingegen schon, so kann das z.B. einen Aufschlag von 12 Prozent zur Folge haben. Der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter, angepasst an die Zu- und Abschläge, dient als Berechnungsgrundlage des Wohnungswertes.
Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren orientiert sich an den Kosten, die für die Errichtung der Immobilie angefallen sind oder jetzt anfallen würden, wenn sie neu errichtet würde. Im Fokus stehen drei Komponenten:
- Wert des Grundstücks („Bodenrichtwert“ bzw. „Grundwert“)
- Baukosten für die Außenanlage (Allgemeinfläche, Garten etc.)
- Herstellungskosten der Immobilie selbst
Das Sachwertverfahren bringt demnach naheliegende Vor- und Nachteile mit sich.
Vorteile auf einen Blick:
- Theoretischer Wert der Immobilie wird ermittelt
- Berechnungsgrundlage für weiterführende Kalkulationen
Nachteile auf einen Blick:
- Keine praxisnahe Kalkulation auf Basis tatsächlicher Marktpreise
- Schwierigere Berechnung
- Verfälschung durch Abwertung (Alter) und Marktanpassungsfaktor möglich
Kalkulation - Sachwertverfahren
Die drei genannten Werte werden kalkuliert und zusammengerechnet. Anschließend wird noch das Alter der Liegenschaft berücksichtigt. Wie bei der Berechnung der Abschreibung wird eine bestimmte Nutzungsdauer angenommen (z. B. 50 Jahre). Liegt die Restnutzungsdauer z.B. bei 25 Jahren, wird diese Entwertung im Vergleich zu einer neuen Immobilie erfasst. Ergänzend kann ein „Anpassungsfaktor“ definiert werden. Wenn die Marktpreise für Immobilien z. B. um 20 Prozent gestiegen sind, seit die Immobilie errichtet wurde, liegt der Faktor bei 1,2 – so wird die Aufwertung rechnerisch abgebildet.
Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren kommt bei Immobilien zur Anwendung, die der Vermietung dienen. Dies bietet sich also z.B. an, wenn Sie eine Gewerbeimmobilie oder ein Zinshaus finanzieren wollen und keine Eigennutzung absehbar ist.
Vorteile auf einen Blick:
- Bei vermieteten Immobilien liegen in der Regel fundierte Zahlen für die Kalkulation vor.
- Vorteilhaft für größere Immobilienobjekte
Nachteile auf einen Blick:
- Komplexe Berechnung
- Steigende Mieten und Leerstand bleiben unberücksichtigt
- Es wird mit Annahmen in der Kalkulation gearbeitet (Zinssatz, etc.)
Kalkulation – Ertragswertverfahren
Zuerst wird der Bodenwert der Liegenschaft (Fläche x Preis pro qm²) ermittelt. Ebenso wird der Rohertrag (Ertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten) berechnet. Unter Berücksichtigung von Liegenschaftszinsen und Instandhaltungskosten wird dann ermittelt, welchen Wert die Immobilie – auf Basis des kalkulierten Rohertrags – hat.
Nachstehend beantworten wir Ihre wichtigsten Fragen rund um die Bewertung einer Wohnung.
Bildquellen: Halfpoint /Adobe Stock, Karin & Uwe Annas / Adobe Stock, Andrii Yalanskyi /Adobe Stock
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.