Bei Familienschenkungen wird häufig ein Wohnrecht vereinbart. Dies bedeutet, dass die Schenkenden in der Immobilie wohnen bleiben dürfen, obwohl sie nicht mehr deren Eigentümer sind. In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wesentliche zum Wohnrecht in Österreich: Welche Rechte und Pflichten gehen damit einher? Wie wird das Wohnrecht bewertet? Wie lange gilt es – und ist es möglich, ein lebenslanges Wohnrecht aufzulösen?
Wohnrecht in Österreich: Das Wichtigste im Überblick
Das Wohnrecht ist ein höchstpersönliches Recht und kann nicht auf andere übertragen werden.
Wechselt der Immobilieneigentümer, dann bleibt das Wohnrecht weiterhin bestehen, da es gegenüber der Sache gilt.
Ein lebenslanges Wohnrecht lässt sich gegen den Willen des Berechtigten kaum mehr auflösen.
Es ist jedoch möglich, den Berechtigten mit einer Ausgleichszahlung zur freiwilligen Aufgabe des Rechts zu bewegen.
Der Wert des lebenslangen Wohnrechts wird berechnet, indem man die verbleibende Lebenserwartung mit dem ortsüblichen Mietzins multipliziert.
Was ist ein Wohnrecht?
Das Wohnrecht bezeichnet das Recht, ein Gebäude als Wohnung zu benutzen, dessen Eigentümer ein anderer ist. Es handelt sich also in der Regel um ein Gebrauchsrecht. In jedem Fall ist das Wohnrecht eine persönliche Dienstbarkeit (ein Servitut) und kann nicht auf andere übertragen werden.
Wann kommt das Wohnrecht zur Anwendung?
Am häufigsten wird das Wohnrecht innerhalb der Familie gewährt – und zwar bei Erbschaften und Schenkungen:
Schenkung an die Kinder: Manchmal möchte die ältere Generation die Immobilie schon zu Lebzeiten verschenken. In diesem Fall sichern sich die Eltern aber oft ein lebenslanges Wohnrecht.
Absicherung von Lebensgefährten bei Erbschaft: Hier geht es darum, dass Immobilieneigentümer im Fall ihres Ablebens den Partner absichern wollen. Sie vererben dann die Immobilie z. B. an die Kinder, legen im Testament aber ein Wohnrecht für den hinterbliebenen Lebensgefährten fest.
Was beinhaltet das Wohnrecht: Rechte und Pflichten
Wozu berechtigt Sie das Wohnrecht nun konkret? Im Folgenden erklären wir die Rechte und Pflichten, die mit dem Wohnrecht einhergehen.
Gebrauchsrecht vs. Fruchtgenussrecht
Das Wohnrecht ist in der Regel eine Form des Gebrauchsrechts. Das bedeutet: Der Begünstigte darf die Immobilie selbst bewohnen bzw. Garage und Garten benutzen, aber nicht vermieten. Korrekt ausgedrückt handelt es sich um das sogenannte „Wohngebrauchsrecht“ und unter diesem Begriff steht das Recht dann auch im Grundbuch.
Es kann aber auch vereinbart werden, dass das Wohnrecht als Fruchtgenussrecht ausgestaltet wird: In diesem Fall dürfen Sie die Immobilie ebenso vermieten.
Gut zu wissen: Das Wohnrecht wird für gewöhnlich ohne Entgelt gewährt. Dies bedeutet, dass der Berechtigte kostenlos in der Immobilie wohnen darf. Es ist jedoch ebenfalls möglich, einen gewissen Mietzins zu vereinbaren, der aber meist unter dem ortsüblichen Betrag liegt.
Nutzungsrecht
Neben dem Recht, bestimmte Räume der Immobilie zu bewohnen, hat der Begünstigte in der Regel auch ein Nutzungsrecht für weitere, nicht bewohnbare Anlagen bzw. Flächen: z. B. die Heizung, den Garten, die Garage, den Keller oder auch den Aufzug.
Aufnahmerecht
Grundsätzlich ist das Wohnrecht ein persönliches Recht – das heißt, es gilt nur für die jeweils begünstigte Person. Unter bestimmten Gründen kann es aber ausgedehnt werden: zum Beispiel, um nahe Angehörige (insbesondere minderjährige Kinder), Lebenspartner oder Pflegepersonal aufzunehmen.
Betriebskosten und Instandhaltung
Die Betriebskosten – also etwa Heizung, Strom und Reinigung – muss der Berechtigte selbst tragen. Das Gleiche gilt auch für kleinere Reparaturen, welche der Instandhaltung dienen. Nur bei größeren Reparaturen bzw. Sanierungsarbeiten muss der Eigentümer zahlen. Allerdings ist es auch möglich, die Kosten anderweitig aufzuteilen, sofern dies vertraglich festgehalten wird.
Das Wohnrecht im Grundbuch
In aller Regel steht das Wohnrecht im Grundbuch in Österreich. Dadurch wird es zu einem sogenannten „dinglichen Recht“: Es gilt dann gegenüber jedem. Sollte die Immobilie veräußert werden, dann bleibt dieses Recht trotzdem bestehen.
Im Grundbuchauszug findet sich das Wohnrecht auf dem C-Blatt. Hier sind sämtliche Dienstbarkeiten vermerkt, mit denen eine Liegenschaft belastet ist. Der Eintrag im Grundbuch lautet üblicherweise auf „Wohnungsgebrauchsrecht“ – wie etwa in folgendem Beispiel:
Wohnrecht ohne Grundbucheintrag
Ist das Wohnrecht auf Lebenszeit auch ohne Grundbucheintrag gültig? Ja, es handelt sich dann aber nur um ein sogenanntes „obligatorisches Recht“: Es gilt nur gegenüber der Person, welche es gewährt hat, und nicht gegenüber Dritten. Wenn der Eigentümer der Immobilie wechselt, kann das Recht nicht durchgesetzt werden.
Unser Tipp: Wenn Ihnen ein Wohnrecht eingeräumt wird, dann sollten Sie zur persönlichen Absicherung auf den Grundbucheintrag bestehen.
Wann verfällt ein Wohnrecht?
Das hängt davon ab, ob es sich um es ein lebenslanges Wohnrecht handelt – oder ob eine bestimmte Frist vereinbart wurde.
Lebenslanges Wohnrecht: Dieses endet, wie der Name schon besagt, mit dem Tod des Rechteinhabers. Es kann also nicht an Nachkommen vererbt werden. Ebenso kann es nicht weitergegeben oder verkauft werden.
Befristetes Wohnrecht: Falls das Recht nur für eine gewisse Zeit vereinbart wurde, dann verfällt es mit Ablauf dieser Frist.
Gut zu wissen: Rechtssprechung des OGH
„Persönliche Dienstbarkeiten enden erst mit dem Tod des Berechtigten. Vorübergehender Nichtgebrauch - etwa aus gesundheitlichen Gründen - bedeutet noch nicht die völlige Zwecklosigkeit des Servitut für den Berechtigten und auch noch keinen (schlüssigen) Verzicht darauf.“ Die Rechtsprechung beruht auf den §529 ABGB und §863 ABGB. Es besteht aber die Möglichkeit der sogenannten Freiheitsersitzung (gem. §1488 ABGB). Diese liegt dann vor, wenn die Benützung dadurch unmöglich gemacht wird, da sich der Eigentümer aktiv sträubt (z.B. durch das Austauschen der Schließanlage) und der Servitutsinhaber, nachdem man Ihn davon in Kenntniss gesetzt hat, nicht binnen 3 Jahren Klage auf Beseitigung der Störung einbringt.
Kann man das lebenslange Wohnrecht entziehen?
Nein, in aller Regel nicht. Wenn das lebenslange Wohnrecht im Grundbuch steht, dann lässt es sich nur äußerst schwer aufheben. Eine Kündigung von Seiten des Eigentümers ist nur dann möglich, wenn es um die „Beseitigung einer untragbar gewordenen Lage geht“ – und zwar als „äußerstes Notventil“.
Kann man das lebenslange Wohnrecht auszahlen?
Sehr wohl kann aber der Berechtigte selbst auf das Recht verzichten und es aus dem Grundbuch löschen lassen. Als Eigentümer hat man somit die Möglichkeit, dem Berechtigten das lebenslange Wohnrecht auszuzahlen.
Bei der Auszahlung des Wohnrechts schließen Eigentümer und Berechtigter einen Vertrag, dass der Berechtigte gegen eine gewisse Summe Geld sein Recht aufgibt.
Bei der Auszahlung des Berechtigten ist es besonders wichtig, den Wert der Immobilie korrekt einzuschätzen. Es empfiehlt sich daher, einen Sachverständigen mit der Immobilienbewertung zu beauftragen.
Tipp: Ausführliche Informationen zur Immobilienbewertung erhalten Sie in unserem Ratgeber zum Thema.
Immobilie verkaufen trotz Wohnrecht: Geht das?
Ja, als Eigentümer können Sie trotz Wohnrecht die Immobilie verkaufen. Das Problem dabei ist nur: Das bestehende Recht stellt eine Belastung der Immobilie dar und mindert deren Wert in erheblichem Ausmaß. Oftmals kann die Immobilie dann nur um einen Bruchteil des eigentlichen Gebäudewerts verkauft werden.
Wie stark die Wertminderung ist, hängt unter anderem vom Alter des Berechtigten ab. Eine Alternative könnte ein Umschuldungskredit sein, um zumindest bei einer bestehenden Finanzierung einzusparen.
Wohnrecht berechnen: Bewertung
Wenn der Eigentümer den Berechtigten auszahlen möchte, wird für gewöhnlich der Wert des Wohnrechtes berechnet. Für die Bewertung des Wohnrechts auf Lebenszeit spielen zwei Faktoren eine Rolle:
Das derzeitige Alter des Berechtigten
Die fiktive Miete, die man für den Wohnraum verlangen könnte (richtet sich nach dem ortsüblichen Mietzins)
Es wird also zuerst eine Annahme getroffen, wie viel sich der Rechteinhaber pro Jahr an Miete spart. Danach wird – basierend auf statistischen Daten – die erwartbare restliche Lebenszeit ermittelt. Zum diesem Zweck dienen z. B. die Sterbetafeln der Statistik Austria. Schließlich wendet man die Rentenrechnung an und berechnet den Barwert dieser jährlich ersparten Miete: Man zinst also die Mietersparnis über die restlichen Lebensjahre ab. Dieser Wert kann dann als Diskussionsgrundlage für eine mögliche Einigung herangezogen werden.
Es gilt: Je jünger eine berechtigte Person, desto größer ist der Wert des Wohnrechts, das diese innehat.
Fortbestand des Wohnrechts in verschiedenen Situationen
Ob im Todesfall, beim Auszug ins Pflegeheim, bei Scheidung oder Trennung: Im Folgenden beantworten wir kurz und knapp, ob das Wohnrecht in unterschiedlichen Lebenssituationen bestehen bleibt oder erlischt.
Was passiert mit dem Wohnrecht nach dem Tod des Eigentümers?
Wenn das Wohnrecht im Grundbuch steht, dann bleibt es auch nach dem Tod des Eigentümers bestehen. Denn es handelt sich um ein sogenanntes „dingliches Recht“, was bedeutet, dass das Recht gegenüber einer Sache (also der Immobilie) gilt und nicht gegenüber einer Person.
Was passiert mit dem Wohnrecht auf Lebenszeit beim Pflegeheim-Bezug?
Der Berechtigte wird pflegebedürftig und zieht aus diesem Grund in ein Pflegeheim – was passiert nun mit seinem Wohnrecht? Im Pflegefall gilt in Österreich die Regelung: Das Wohnrecht bleibt weiterhin bestehen. Allerdings kann der Berechtigte sein Recht – wenn er es selbst nicht ausübt – nicht an Dritte weitergeben, da es ja ein höchstpersönliches Recht ist. Sollte aber eine Rückkehr in die Immobilie möglich sein, so muss ihm der Eigentümer das jederzeit gestatten.
Was passiert mit dem Wohnrecht bei Scheidung oder Trennung?
Angenommen, ein Ehepaar bewohnt gemeinsam eine Wohnung. Ein Partner ist Eigentümer der Wohnung und hat dem anderen Partner ein Wohnrecht eingeräumt. Bleibt dieses Recht bei einer Scheidung bestehen? Ja, sofern es ein lebenslanges Wohnrecht ist. Es ist allerdings auch möglich, das Recht auf die Dauer der Ehe zu beschränken – in diesem Fall würde es mit der Scheidung ebenfalls enden.
Wenn der Ex-Partner auf dem Wohnrecht beharrt und nicht ausziehen will, hilft unter Umständen nur eine Ausgleichszahlung, um ihn zur Aufgabe des Rechts zu bewegen. Zwingen können Sie ihn dazu aber nicht.
Lebenslanges Wohnrecht: Gute Absicherung für den Begünstigten
Einmal ins Grundbuch eingetragen, hat das lebenslange Wohnrecht einen sehr sicheren Rechtsstatus. Der Begünstigte kann es kaum mehr verlieren: Lediglich im Fall einer „untragbar gewordenen Lage“ könnte man es ihm entziehen. Dadurch bietet es dem Begünstigten sehr viel Sicherheit.
Für den Eigentümer, der das Recht gewährt hat, kann das umgekehrt einen Nachteil bedeuten. Möchte er die Immobilie verkaufen, so gestaltet sich das mit bestehendem Wohnrecht äußerst schwierig. Ein solches bindendes Recht zu gewähren, sollte daher gut überlegt sein und nur mit dem Rat eines Juristen erfolgen.
Weitere Fragen zum Wohnrecht in Österreich
Kleinere Reparaturen (z. B. Wartung der Heizungsanlage, Ausmalen der Räume) sind vom Berechtigten zu bezahlen, sofern dieser die Immobilie aktuell bewohnt. Größere Reparaturen, die eher Sanierungsmaßnahmen darstellen, werden vom Immobilieneigentümer bezahlt.
Nein, da es ein höchstpersönliches Recht ist, das jeweils nur für eine ganz bestimmte Person gilt.
In erster Linie der Rechteinhaber, wenn er die Wohnung aktuell bewohnt. Der Eigentümer der Wohnung darf diese ohne Zustimmung des Rechteinhabers nicht betreten – wie bei einem regulären Mietverhältnis auch.
Das Fruchtgenussrecht ist in dem Sinne besser, dass es dem Berechtigten mehr Rechte einräumt. Dieser darf die Wohnung nicht nur selbst bewohnen, sondern auch vermieten.
Über den Autor: Mag. Elfi Stampfl Position: Prokuristin
Meine Expertise im Bereich der Organisation und Ausbildung habe ich als Verwaltungsleiterin einer großen Genossenschaft in Südtirol erworben. Die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Unternehmen war für mich die beste Schule des Lebens. Seit 2013 leite ich das Finanzierungsservice der Infina. Mein hohes Qualitätsverständnis führte zur Gründung der Infina Academy, da es mein Anspruch ist, dass unsere Wohnbau-Finanz-Experten dazu befähigt sind, die beste Finanzierungsberatung in ganz Österreich anzubieten. Zudem ist mir wichtig, unsere Kunden über die aktuelle Zinsentwicklung zu informieren. Für mich persönlich sind Ehrlichkeit und die Bereitschaft für den Kunden alles zu tun das höchste Gebot.
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