Wollen Sie wissen, wie viel Ihre Immobilie Wert ist? Die richtige Kennzahl dafür ist der Verkehrswert, welcher auf drei Arten berechnet werden kann. Daran orientieren sich Banken sowie Auktionshäuser und Makler beim Verkauf von Immobilien. Der Verkehrswert wird von Sachverständigen geschätzt und orientiert sich in der Regel am Ertragswert oder Substanzwert. Bestimmte Umstände erhöhen oder vermindern dabei den erzielbaren Verkaufsbetrag. Detaillierte Informationen zum Verkehrswert Immobilie sowie zur Berechnung erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist der Verkehrswert einer Immobilie?
Der Verkehrswert gleicht dem Marktwert einer Immobilie, woran sich auch Käufer und Verkäufer bei ihren Transaktionspreisen orientieren. Die gesetzliche Definition des Verkehrswertes einer Immobilie beschreibt, dass es sich dabei um jenen Preis handelt, der zum jeweiligen Bewertungsstichtag „im normalen Geschäftsverkehr und auf der Grundlage der rechtlichen Gegebenheiten sowie der tatsächlichen Eigenschaften der Immobilie“ zu erzielen wäre, ohne dass in dem Zusammenhang auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse Rücksicht genommen wird.
Der Verkehrswert wird im Rahmen eines unabhängigen Schätzungsgutachtens festgelegt. Dabei gibt es drei Methoden der Wertermittlung von Immobilien: das Ertragswertverfahren, das Vergleichswertfahren und das Substanzwertverfahren, auch Sachwertverfahren genannt. Aktuelle Marktbedingungen müssen dabei in die Wertermittlung einfließen.
Wozu Verkehrswert berechnen: Erbschaft, Verkauf und mehr
Es gibt eine Reihe von Situationen, in denen es üblich ist ein Bewertungsgutachten anzufordern, um den Verkehrswert einer Liegenschaft zu ermitteln:
Finanzierung Wohnungskauf oder Hauskauf: Die Banken oder Bausparkassen in Österreich führt in der Regel ein eigenes Schätzungsgutachten durch und verrechnen dafür eine Gebühr.
Tipp: Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Thema Steuern beim Wohnungs- und Hauskauf in Österreich. Die anfallenden Nebenkosten, wie beispielsweise die Grunderwerbsteuer & Co., haben wir in einem eigenen Beitrag beschrieben.
Erbschaft: Im Falle einer Erbschaft ist die Berechnung des Verkehrswertes häufig zu finden, denn vom Wert der Liegenschaft(en) hängt es ab, wie hoch die Höhe der Erbauszahlung einzelner Erben dann noch ist.
Verkauf: Im Fall Immobilie verkaufen muss sich der Immobilienmakler in der Preisfindung an einem marktüblichen Wert orientieren, dem Verkehrswert. Er kann dann auch ein Sachverständigengutachten Immobilie Verkehrswert berechnen in Auftrag geben.
Scheidung: Auch bei der Scheidung ist zwecks Auszahlung des Partners eine Wertermittlung per Schätzungsgutachten in der Praxis immer wieder erforderlich.
Wer ermittelt den Verkehrswert einer Immobilie?
Der Verkehrswert kann auf traditionellem Wege, nach einem der in diesem Beitrag beschriebenen Verfahren, bis hin zu kostenlos online ermittelt werden. Doch nicht alle Quellen bieten seriöse Werte. Hier die einzelnen Quellen im Überblick:
Gerichtlich beeidete Sachverständige: Diese Bewertungsgutachten sind am zuverlässigsten, aber auch am teuersten. Diese kommen häufiger bei Erbschaften und Scheidungen zum Einsatz, wenn keine Einigkeit über den Wert der Immobilie besteht.
Immobilienmakler: Schätzung ist häufig in der Leistung des Maklers inkludiert. In einigen Fällen sind Makler gleichzeitig auch gerichtlich beeidete Immobiliensachverständige.
Bank: Banken haben standardisierte Software-Tools zur Immobilienbewertung. Diese sind nicht ganz so präzise wie individuelle Gutachten durch beeidete Sachverständige.
(Kostenlose) Online-Tools: Oft achten diese nur auf Transaktionspreise in der nächsten Umgebung und weniger auf den Schnitt der Wohnung. Daher sind diese meist mit Vorsicht zu genießen.
Kosten für die Berechnung des Verkehrswerts
Mit am teuersten mit Kosten von 500 bis über 2.000 Euro pro Gutachten sind gerichtlich beeidete Sachverständige. Immobilienmakler haben es meist in ihrer Dienstleistung inkludiert und Banken verlangen häufig entweder eine Pauschale (in etwa 200 bis 600 Euro) oder einen Prozentsatz von etwa 0,1 bis 0,5 % der Kreditsumme.
Verfahren zur Berechnung des Verkehrswerts einer Immobilie
In Österreich haben sich drei Verfahren der Berechnung des Verkehrswerts einer Immobilie durchgesetzt, die nachfolgend transparent nachvollzogen werden können. Dabei handelt es sich um:
Ertragswertverfahren: Die erzielbaren Mieterträge stehen im Vordergrund
Sachwertverfahren: Orientiert sich an Herstellkosten der einzelnen Bauteile
Vergleichswertverfahren: Bezieht sich auf Immobilienpreise des lokalen Marktes
Verfahren 1: Ertragswertverfahren
Beim Ertragswertverfahren steht im Vordergrund, wie viel Mieterträge eine Immobilie abwirft. Es kommt bei Mehrfamilienhäusern, Zinshäusern, Gewerbe- und Spezialimmobilien (z. B. Hotels, Garagen und Tankstellen) zum Einsatz und errechnet sich anhand dieses Beispiels eines Zinshauses wie folgt:
Grundstücksfläche: | 400 m2 |
Bodenrichtwert: | 300 Euro pro m2 |
Wohnfläche: | 400 m2 |
Quadratmetermiete: | 8 Euro |
Bewirtschaftungskosten: | 25 % der Mieterträge netto |
Liegenschaftszins ermittelt anhand ortsüblicher Gegebenheiten bezogen auf Miete minus Bewirtschaftungskosten: | 3 % |
Restnutzungsdauer des Gebäudes: | 30 Jahre (70 Jahre Gesamtnutzungsdauer) |
Schritt 1: Zuerst wird der Bodenwert des unbebauten Grundstücks ermittelt, der in der Regel von Gutachtern anhand des Vergleichswertverfahrens definiert wird:
Bodenwert = Bodenrichtwert * Grundstücksfläche, also 300 Euro/m2 * 400 m2 = 120.000 Euro
Schritt 2: Berechnung des Grundstücksreinertrags
Dieser errechnet sich aus den jährlichen Mieteinnahmen minus Bewirtschaftungskosten. Letztere sind Verwaltungs- und Betriebskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallswagnis. Insgesamt können diese zu 25 % der Nettomieteinnahmen angesetzt werden.
Schritt 3: Berechnung des Gebäudereinertrags
Der Grundstücksreinertrag umfasst auch die erwartete Wertsteigerung des unbebauten Grundstücks. Zur Vermeidung der doppelten Erfassung des Grundstückswertes wird die Bodenwertverzinsung abgezogen.
Gebäudereinertrag | = Grundstücksreinertrag – Bodenwertverzinsung |
Bodenwertverzinsung | = Bodenwert * Liegenschaftszins |
| |
Rechenbeispiel anhand der angegebenen Parameter: | |
Bodenwertverzinsung: | 120.000 Euro (Bodenwert) * 0,03 (Liegenschaftszins) = 3.600 Euro |
Um diesen Wert verringert sich der Reinertrag: | |
Gebäudereinertrag: | 28.800 Euro – 3.600 Euro = 25.200 Euro
(Anmerkung Rechenweg: (400 m2 * 8 Euro * 12 Monate) * 0,75 = 28.800 Euro) |
Schritt 4: Ermittlung des Gebäudeertragswerts mit Vervielfältiger
Gebäudeertragswert = Gebäudereinertrag * Vervielfältiger
Der Vervielfältiger basiert auf einer Formel, die sowohl Liegenschaftszins als auch Restnutzungsdauer des Gebäudes miteinbezieht. Er ist umso höher, je niedriger der Zins ist und je länger das Gebäude genützt werden kann.
Rechenbeispiel:
In diesem Fall errechnet sich bei 3 % Liegenschaftszins und 30 Jahren Restnutzungsdauer der Vervielfältiger wie folgt:
Vervielfältiger: (1,0330 -1) / (1,03 30 * 0,03) = 19,6
Nun multiplizieren Sie den Gebäudereinertrag mit dem Vervielfältiger und erhalten so den Gebäudeertragswert.
Gebäudeertragswert; 25.200 Euro * 19,6 = 493.920 Euro
Schritt 5: Berechnung des Ertragswertes:
Als letzten Schritt rechnen Sie Bodenwert und Gebäudewert zusammen und verrechnen erforderliche Zu- und Abschläge (abhängig von Gebäudezustand und Mietbindungen).
Ertragswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert +/– Wertänderungen
Angenommen es gibt einen Wasserschaden im Gebäude von 12.000 Euro. So errechnet sich folgender Ertragswert:
Ertragswert: 493.920 Euro + 120.000 Euro – 12.000 Euro = 601.920 Euro.
Verfahren 2: Sachwertverfahren
Etwas einfacher können Sie den Verkehrswert mit Hilfe des Sachwertverfahrens ermitteln. Der Sachwert setzt sich dabei aus Bodenwert, Gebäudewert und Wert der Außenanlagen zusammen. Eine Besonderheit ist dabei der Marktanpassungsfaktor, welcher den errechneten Sachwert von Immobilien an lokale Gegebenheiten anpasst.
Hinzu kommt noch die Alterswertminderung als Einflussfaktor, welche sich wie folgt berechnet:
Alter des Gebäudes / Gesamtnutzungsdauer * 100
Rechenbeispiel Einfamilienhaus am Land:
Gebäudeherstellungskosten heute: | 150.000 Euro |
Freie Grundfläche: | 500 m2 |
Grundstücks-Richtwertpreis pro m2: | 120 Euro |
Alter des Gebäudes: | 30 Jahre (70 Jahre Gesamtnutzungsdauer) |
Marktanpassungsfaktor: | 0,95 |
Schritt 1: Bodenwert ermitteln:
Grund und Boden vergehen nicht, daher sind keine Altersanpassungen notwendig. Die einfache Formel für den Bodenwert lautet wie folgt:
Grundstückspreis pro m2 mal Grundstücksfläche, also hier 120 Euro * 500 m2 = 60.000 Euro an Bodenwert.
Schritt 2: Gebäudesachwert errechnen
Herstellungskosten heute: 150.000 Euro
Alterswertminderung: 30 Jahre / 70 Jahre * 100 = 42,9 % bzw. 64.350 Euro
Gebäudesachwert = 150.000 Euro – 64.350 Euro = 85.650 Euro
Schritt 3: Finaler Sachwert
Dieser ist die Summe aus Gebäudesachwert und Bodenwert multipliziert mit dem Marktanpassungsfaktor.
(85.650 Euro + 60.000 Euro) * 0,95 = 138.367,50 Euro
Verfahren 3: Vergleichswertverfahren
Mit dem Vergleichswertverfahren lässt sich der Verkehrswert nicht ganz präzise berechnen. Es liefert nur grobe Anhaltspunkte und zeigt Markttrends auf, wie analoge Objekte gehandelt werden. Dieses Verfahren funktioniert nur bei regem Immobilienhandel. Verlassen Sie sich also nicht darauf, dass in nächster Umgebung analoge Objekte kürzlich verkauft wurden. Allerdings können Sie mit diesem Verfahren kostenlos den aktuellen Verkehrswert ermitteln. Dabei gehen Sie wie folgt vor: Recherchieren Sie möglichst ähnliche Immobilientransaktionen am lokalen Markt und berichtigen Sie Unterschiede mit Zu- und Abschlägen:
Rechenbeispiel Vergleichsverfahren:
| Vergleichsobjekt | Bewertetes Objekt | Zu- / Abschläge |
Wohnfläche | 80 m2 | 80 m2 | |
Stockwerk | 1. Stock | 5. Stock | 12 % |
Ausstattung | Lift / Balkon | kein Lift / kein Balkon | – 20 % |
Baujahr | 1988 | 1995 | 5 % |
Zustand | baujahrestypisch | baujahrestypisch | |
Preis / m2 | 3.000 Euro | 2.900 Euro | |
Immobilienwert | 240.000 Euro | 225.040 Euro | |
| | | |
Zu bewertende Wohnung: | | | |
| | | |
80 m2 * 2.900 Euro = | 232.000 Euro | | |
232.000 Euro | – 3 % Abschlag = | 225.040 Euro | |
Immobilien-Verkehrswert berechnen: benötigte Unterlagen
Wenn Sie den Immobilien-Verkehrswert berechnen lassen, sollten Sie folgende Unterlagen aushändigen, damit es schneller geht:
- Allgemein: Grundrisse, Schnitte, Baupläne, Grundbuchauszug, Lageplan und Flurkarte, Baubeschreibung, Wohnflächenberechnung, Energieausweis.
- Bei Wohneigentum: Parifizierung, Wirtschaftsplan / Betriebskosten & Nebenkostenabrechnung, Protokoll der letzten drei Eigentümerversammlungen.
- Bei Ertragsobjekten: Mietaufstellungen, Mietverträge, Bewirtschaftungskosten.
- Ermittlung von Belastungen und Rechten: Grundbuchsauszüge, notarielle Urkunden und Eintragungen von Servituten im Grundbuch.
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