Am 17. Oktober 2024 senkte die Europäische Zentralbank (EZB) zum dritten Mal in 2024 die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. Solche Zinssenkungen führen normalerweise dazu, dass Kredite günstiger werden. Doch aufgrund der momentanen inversen Zinskurve gestaltet sich die Situation differenzierter. In diesem Ratgeber werden die Auswirkungen der EZB-Zinssenkung auf Wohnbau- und Immobilienfinanzierungen erläutert sowie ein Ausblick auf die künftige Zinsentwicklung gegeben.
Was bedeutet die Zinssenkung der EZB für die Immobilienfinanzierung?
Die Marktteilnehmer erwarteten überwiegend für den 17. Oktober 2024 eine dritte Leitzinssenkung der EZB um 0,25 Prozentpunkte. Dies führte dazu, dass der überwiegend verwendete Referenzzinssatz für variabel verzinste Immobilienkredite, der 3-Monats-Euribor, bereits im Vorfeld von ca. 4 % im Oktober 2023 auf rund 3,25 % sank. Je nach Kreditvertrag bedeuten diese Rückgänge auch eine Zinssenkung bei der Immobilienfinanzierung.
Senkungen bei den Konditionen erfolgten bereits sukzessive vor der tatsächlichen Leitzinssenkung bei neuen Immobilienfinanzierungen mit variablem Zinssatz, bei bestehenden Finanzierungen mit variabler Verzinsung erfolgt dann eine Reduzierung zum nächsten Zinsanpassungstermin. Die Leitzinssenkung hat jedoch keine Auswirkungen auf bestehende Wohnbaufinanzierungen mit Fixzinssatz. Aufgrund der inversen Zinskurve wurden die Festzinssätze für neue Wohnbaufinanzierungen eher wieder teurer.
Wie profitieren Erstkäufer und Bauherren von der Zinssenkung?
Die erste EZB-Leitzinssenkung 2024 bietet Erstkäufern in Teilen Vorteile durch niedrigere Finanzierungskosten. Ein variabel verzinster Immobilienkredit hatte sich durch die Senkung des 3-Monats-Euribor und des 12-Monats-Euribor bereits um bis zu 1,0 Prozentpunkte verbilligt. Beispiel: Bei einer Kreditsumme von 300.000 Euro und Laufzeit von 30 Jahren sind die Zinsen (variabel, Nomimalzinssatz, Basis: 3-Monats-Euribor) seit dem Hoch im Herbst 2023 von 5,25 % auf 4,25 % p.a. im Oktober 2024 gesunken, was die monatliche Rate um deutlich über 100 Euro auf 1.550,77 Euro reduziert. Dies erhöht die Kaufkraft und verbessert die Kreditverfügbarkeit. Wäre die Leitzinssenkung nicht wie erwartet gekommen, wären der 3- und 12-Monats-Euribor direkt wieder angestiegen.
Tipp: Zudem sollten Sie wissen, dass 20-jährige Fixzinskredite bei Neuabschlüssen aktuell um 0,75 bis 1,0 Prozent günstiger sind als variable Kredite, was zu entsprechenden niedrigeren monatlichen Kreditraten zu Beginn und gleichzeitig einer Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken führt. Überlegenswert ist zudem, auf eine langfristige Fixzinsbindung umzuschulden, um eine monatliche Entlastung beim Kredit zu erhalten.
Bestehende Immobilienfinanzierungen: Was ändert sich?
Die dritte Leitzinssenkung in 2024, die der EZB-Rat am 17. Oktober 2024 beschlossen hat und die ab 23. Oktober 2024 gilt, führt direkt im Neugeschäft in der Folge aktuell nur zu kleineren Vergünstigungen bei variabel verzinsten Krediten. Die Marktzinsstruktur (inverse Zinskurve) bietet jedoch besondere Chancen:
- Optionen für Umschuldungen: Normalerweise sind langjährige Fixzinsbindungen teurer als variable Finanzierungen. Bleiben die Leitzinsen weiterhin hoch, könnte eine Normalisierung der Zinskurve einen Zinsanstieg am langen Ende bedeuten. Aktuell kann es günstig sein, variabel verzinste Kredite auf langjährige Fixzinsbindungen umzuschulden. Ein Zinsvorteil von etwa 0,75 bis 1,0 Prozentpunkten für 20-jährige Fixzinsbindungen ist eine Sondersituation. Erwarten Sie zeitnah weitere deutliche Leitzinssenkungen, kann es sinnvoll sein, mit der Umschuldung noch zu warten.
- Vor- und Nachteile von Fixzinsbindungen im aktuellen Zinsumfeld: Fixzinsbindungen bieten kalkulierbare Kreditraten. Bei Neuabschlüssen sind diese sogar günstiger als variable Kredite. Sinkt das Marktzinsniveau weiter, bleibt der Kreditzins für die vereinbarte Bindungsdauer des Zinssatzes gleich. Aber auch vorzeitige Sondertilgungen über 10.000 Euro pro Jahr können gegen eine Pönale von maximal 1 % vorgenommen werden. Bis 10.000 Euro sind zusätzliche Rückzahlungen pro Jahr oftmals sogar ohne Ponäle möglich.
- Auswirkungen auf variabel verzinste Wohnbaukredite: Die Kreditzinsen sinken nicht unmittelbar nach dem Zinssenkungsbeschluss. Der Kreditvertrag regelt, wann eine Zinssenkung bei der Immobilienfinanzierung erfolgt, in der Regel zu den vertraglich festgelegten Zinsanpassungsterminen. Fixe Wohnbaukredite hingegen bleiben unverändert.
Wann und warum könnten weitere EZB-Zinssenkungen folgen?
Eine weitere EZB Zinssenkung im Jahr 2024 könnte folgen, wenn sich die Inflationsrate im Euroraum nachhaltig um das Stabilitätsziel von 2 % bewegt. Zwischen Mai 2023 und September 2024 fiel die Inflation im Euroraum bereits von 6,1 auf 1,8 %, was die drei in 2024 ermöglichten. Ein anhaltend niedriges Wirtschaftswachstum und eine geringe Nachfrage, die die Preise niedrig halten und zu moderaten Lohnabschlüssen führen, könnten ebenfalls weitere Leitzinssenkungen begünstigen.
Experten erwarten weiterhin moderate, aber noch etwas erhöhte Inflationsraten, was möglicherweise zu einer weiteren Senkung der Leitzinsen im laufenden Jahr 2024 führen könnte. Allerdings gibt es auch Bedenken hinsichtlich einer Lohninflation. Im Juli 2024 entschied der EZB-Rat auch zunächst, den Leitzins vor der Sommerpause unverändert zu lassen, ehe am 12. September 2024 die nächste Leitzinssenkung folgte. In der Pressekonferenz zur Leitzinssenkung sprach EZB-Chefin auch das Thema Dienstleistungsinflation (mit Lohninflation eng verbunden) an. So sind die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunde in der Gesamtwirtschaft des Euroraums im ersten und zweiten Quartal 2024 noch immer um 5,0 bzw. 4,7 % gestiegen. Bei den Löhnen und Gehältern lag der Anstieg im zweiten Quartal bei 4,5 % (verglichen mit +5,2 % in Q1 24). Das zeigt zwar, dass der Lohninflationsdruck etwas nachlässt, trotzdem wird die EZB die Entwicklung am Arbeitsmarkt und jene der (Lohn-)Inflation weiterhin sehr genau beobachten.
Was folgt nach der Zinssenkung?
Die weitere Entwicklung der Leitzinsen bleibt zunächst ungewiss. Wirtschaftliche Indikatoren wie Inflation, Arbeitsmarktdaten und Wirtschaftswachstum sowie politische Entscheidungen beeinflussen zukünftige Leitzinsentscheidungen. Hauptrisiko ist die Lohninflation. Dienstleistungspreise und Stundenlöhne sind zuletzt stark gestiegen, was gegen weitere Senkungen des Leitzinses spricht. Die Inflation im Euroraum stieg von 2,4 % im März und April auf 2,6 % im Mai 2024, bevor diese bis September wieder auf 1,8 % fiel. Die EZB verfolgt akribisch die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale. Auf der anderen Seite würden weitere Leitzinssenkungen die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und die Immobilienpreise in Österreich stabilisieren. Sollte es bis zum ersten Quartal 2025 noch eine oder mehrere Leitzinssenkungen geben, würden diese zu einer Belebung des Wohnbaus und wieder erhöhter Verfügbarkeit neuer Wohnungen führen. Auch auf das Thema leistbares Wohnen hatte dies einen positiven Einfluss. Die Auswirkungen der Leitzinssenkungen vom 6. Juni 2024, 12. September 2024 und 17. Oktober 2024 sind eher noch gering, da die KIM-Verordnung die Wohnbaukreditvergabe noch bis Juni 2025 einschränkt.
Bildquellen: bluedesign / Adobe Stock, Fokussiert / Adobe Stock, cherryandbees / Adobe Stock
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.