Wenn Sie sich überlegen, für sich und Ihre Familie eine Immobilie in Österreich zu kaufen, ist die Frage nach dem passenden Wohnbaukredit von entscheidender Bedeutung. Bei der Aufnahme eines Darlehens fallen Zinsen an, und in diesem Artikel finden Sie wesentliche Faktoren, welche die Höhe der jeweiligen aktuellen Zinsen im Bereich der Wohnkredite beeinflussen.
Der Zins ist der Preis, den Kreditnehmer für geborgtes Geld bezahlen müssen. Gleichzeitig stellt er die Entlohnung für Sparer dar, die ihr Geld bei Kreditinstituten über Konten oder Spareinlagen parken. Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert das Zinsniveau in Europa stark über die Leitzinsen (sowie weitere Faktoren, wie beispielsweise die Geldmengen im Euroraum und die EZB-Bilanzsumme).
Die Festlegung der Höhe der Leitzinsen wird maßgeblich von der jeweiligen aktuellen Inflation beeinflusst, wobei die EZB ein langfristiges Ziel von maximal 2 % jährlicher Inflation verfolgt. Bei steigender Inflation hebt die EZB im Regelfall die Leitzinsen an, was dazu führt, dass auch die Geschäftsbanken an die EZB für Ausleihungen höhere Zinsen zahlen und diese Mehrkosten dann an Verbraucher und Unternehmen über den Kreditzins weitergeben. Dies führt zu einer nachgebenden Kreditaufnahme, zu geringerer Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen und einer Eindämmung der Inflation.
Der Zusammenhang zwischen Inflation und Zinsen wird besonders in den letzten Jahren deutlich. Lange Zeit blieb die Inflation niedrig, und die EZB versuchte, das durchschnittliche Inflationsziel von 2 % p.a. mit niedrigen bzw. sogar Nullzinsen zu erreichen. 2022 hat sich das Bild jedoch geändert: Die Inflation ist zwischenzeitlich teils erheblich gestiegen, und der Verlauf des EZB-Leitzinses kannte zunächst nur eine Richtung. Seit dem Jahr 2024 befinden sich die Inflation und damit auch die Leitzinsen wieder im Rückwärtsgang. Der Hauptrefinanzierungssatz beträgt 3,40 % (Stand: November 2024), nach einem Hoch von 4,50 %.
Steigende Zinsen bremsen vom Grundsatz die Inflation, hemmen allerdings auch das Wirtschaftswachstum. Dies führt zu einem schwindenden Vertrauen bei Wirtschaftstreibenden und Konsumenten, was wiederum zu einem Rückgang der Investitionen und der Inflation führt. Eine derartige Entwicklung öffnet der EZB den Raum für mögliche Zinssenkungen. Generell wird jedoch für die Eurozone mit einem weiteren Abflauen der Inflation gerechnet. Daher könnte es im Dezember 2024 und auch 2025 zu weiteren kleineren Zinssenkungen durch die EZB kommen.
Eine entscheidende Rolle von Banken besteht darin, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen, indem sie Kredite an Unternehmen und Verbraucher vergeben. Doch Banken verfügen selbst nicht unbegrenzt über eigene Mittel für Kreditvergaben. Neben ihrem Eigenkapital benötigen sie daher Fremdmittel, die sie sich durch Refinanzierung beschaffen.
Banken leihen sich Geld aus verschiedenen Quellen, um es als Kredite weiterzugeben. Die Europäische Zentralbank ist ein zentraler Geldgeber, und der Preis für diese Geldmittel ist der von der EZB festgelegte Leitzins. Banken können sich auch untereinander Geld leihen, was als Interbankengeschäft bezeichnet wird. Zudem dienen die Spar- und Terminanlagen der Bankkunden zur Refinanzierung, wobei der Zins, den ein Sparer von der Bank erhält, den Preis für diese Liquidität darstellt.
Der Anstieg der Leitzinsen hat die Refinanzierung für Banken bis Mitte 2024 deutlich verteuert. Dies betrifft sowohl die von der EZB bereitgestellten Refinanzierungslinien als auch die Einlagen der Kunden, da auch Sparzinsen gestiegen sind. Dieser Zinsanstieg wirkt sich auch auf die Kreditzinsen für Wohnbaukredite aus. Die aktuelle Erwartung ist, dass in Europa bis in das Jahr 2025 weitere Leitzinssenkungen stattfinden könnten. Dies würde zu einer Verringerung der Refinanzierungskosten der Banken und zu günstigeren Wohnbaukrediten führen.
An der Spitze eines jeden Währungsraums steht eine Zentralbank, beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) für den Euroraum und das Federal Reserve System (Fed) für die USA. Jede dieser Zentralbanken legt die Leitzinsen für ihren Währungsraum fest. Für viele Jahre bis in den Sommer 2022 lag der Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB noch bei 0 %. Zum Jahresbeginn 2023 hat dieser dann bereits 2,50 % betragen und im weiteren Verlauf des Jahres 2023 wurde der Leitzins bis auf 4,50 % angehoben. Im November 2024 beträgt der Leitzins nach einigen Senkung 3,40 %.
Im Euroraum wird die Höhe der Leitzinsen von der Entwicklung der Inflation beeinflusst. Da die Inflation erheblich angestiegen ist, sind in der Folge auch die Leitzinsen seit 2022 durch die EZB stark angehoben worden. Dies gilt gleichermaßen auch für den US-Dollar Raum. Werden Leitzinsen in den wichtigen Währungsräumen angehoben, können Investoren und Anleger höhere Zinserträge erzielen. Dies zieht vermehrt Kapital an, was wiederum den Wert dieser Währung stärkt und aufwertet. Da viele bedeutende Güter wie Öl oder Gas in US-Dollar abgerechnet werden, führt eine Aufwertung des US-Dollars dazu, dass diese Waren in Euro teurer werden und dadurch zusätzliche Inflation nach Europa importiert wird. Dies verstärkt wiederum den Druck auch die Leitzinsen in Europa hochzuhalten. Daher ist das Zinsniveau im USD-Raum auch für den Euroraum von großer Relevanz.
Vergleicht man die Leitzinsentwicklung der letzten 20 Jahre in den USA und Europa, so ist festzustellen, dass die Fed der EZB bezüglich Zinserhöhungen und späteren Leitzinssenkungen zeitlich immer voraus war. Auch die jeweiligen Spitzenwerte beim Leitzins in den USA waren dann jeweils höher als im Euroraum. Im Juni 2024 hat jedoch historisch betrachtet erstmals die EZB vor der Fed den Leitzins gesenkt.
Im Vergleich zum letzten Jahrzehnt sind die Zinsen aktuell weltweit verhältnismäßig hoch, bedingt durch den globalen Anstieg der Inflation seit 2022. Sowohl die EZB als auch die Fed haben in mehreren Schritten ihre Leitzinsen erhöht, was wiederum zu einem Anstieg der Kreditzinsen bei Wohnbaufinanzierungen geführt hat. Die Zinsanhebungen zeigen Wirkung, da die Inflationswerte zurückgehen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend mittelfristig fortsetzt, was zu einer Senkung der Leitzinsen durch die Zentral- bzw. Notenbanken führen wird. Jedoch können nicht so erwartete geopolitische Ereignisse zu Trendbrüchen führen. So ist noch nicht abzusehen, ob wirtschaftspolitische Maßnahmen der USA nach der Wiederwahl von Donald Trump im November 2024 inflationäre Impulse (z.B. Teuerungen durch Zölle) auslösen, die dann stärkeren Zinssenkungen in den USA, und in der Folge auch in Europa, entgegenstehen könnten.
Eine der vorrangigen Aufgaben der Europäischen Zentralbank besteht darin, den Wirtschaftsraum mit Liquidität und Geld zu versorgen. Die Geldmenge wird durch Kennziffern gemessen, die von M0 bis M3 reichen. Dabei repräsentiert M3 die umfassendste dieser Kennziffern. Die Bilanz der EZB erfasst sämtliche Aktivitäten der Zentralbank, und die Bilanzsumme steigt mit zunehmender Aktivität der EZB am Markt. Sobald die Europäische Zentralbank Vermögenswerte ankauft, kann sie diese mit Zentralbankgeld bezahlen. Gelangt dadurch neues Geld in Umlauf, erhöht dies die Geldmenge im Euroraum.
Im Euroraum führten verschiedene Faktoren dazu, dass die Geldmengen erheblich zunahmen. Bis 2022 verfolgte die EZB eine expansive Geldpolitik mit niedrigen Leitzinsen und umfangreichen Anleihekäufen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern und die Inflation zu steigern. Die Finanzkrise von 2008 und die Staatsschuldenkrise verstärkten diese Maßnahmen. Zudem trugen digitale Innovationen zur Veränderung der Zahlungsgewohnheiten bei. Dadurch erhöhten sich Geldmenge, aber auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes.
Bis 2022 setzte die EZB verstärkt unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen ein, um Wirtschaftswachstum und Inflation zu steuern. Dazu zählte insbesondere der Ankauf von Anleihen unterschiedlicher Emittenten und Qualität. Diese unorthodoxen Methoden führten zu einer erheblichen Ausweitung der EZB-Bilanzsumme. Im Verlauf des Jahres 2022 erfolgte jedoch eine Trendwende. Die Maßnahmen wurden durch die EZB sukzessive reduziert, und die Bilanzsumme nahm 2023 ab. Bis Juni 2024 erfolgte eine weitere Reduktion der Bilanzsumme.
Die Maßnahmen der EZB führen dazu, dass sich der Abwärtstrend bei der EZB-Bilanzsumme fortsetzt, während sich die Geldmenge seitwärts bewegt. Bereits im Januar 2024 hatte die EZB Schritte zur Verkürzung der Bilanz angekündigt. Dem Markt wird damit weiter Geld entzogen. Dieser Trend dürfte vorerst anhalten, was Auswirkungen auf die Vergabe von Wohnbaufinanzierungen haben kann. Kreditinstitute agieren bei geringerer Liquidität vorsichtiger, was zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen kann. Allerdings verfügen österreichische Kreditinstitute mit Stand November 2024 über ausreichende Kapitalpuffer für Kreditvergaben.
Viele Käufer können die Investition für die Schaffung von Wohnraumeigentum nicht aus eigenen Mitteln decken. Der Bedarf an Wohnbaukrediten ist daher grundsätzlich hoch. Allerdings gibt es Herausforderungen, die die Nachfrage nach Wohnbaukrediten und das Angebot der Kreditinstitute maßgeblich beeinflussen.
Aktuell stehen Verbraucher, die eine Wohnimmobilie erwerben möchten, vor verschiedenen Hürden. Die Immobilienpreise in Österreich sind weiter auf sehr hohem Niveau. Die Finanzierung erfordert daher entweder hohe Eigenmittel oder ein sehr gutes Nettoeinkommen. Aber selbst bei ausreichenden Einkünften sind die Kreditzinsen noch immer vergleichsweise hoch, was in Verbindung mit gestiegenen Preisen das Haushaltsbudget belastet. Diese Unsicherheiten führen dazu, dass der Immobilienkauf in vielen Fällen aufgeschoben wird, und die Kreditnachfrage daher vergleichsweise geringer ist.
Kreditinstitute können ausreichend Kredite mit attraktiven Konditionen anbieten. Besonders gefragt sind Kredite mit Fixzinssätzen und langen Kreditlaufzeiten von bis zu 35 Jahren. Bremsend wirkt allerdings die im August 2022 in Kraft getretene KIM-V. Diese regelt den maximalen Beleihungsquotienten (BELQ) sowie Verschuldungsquotienten (DSTI), wobei Kreditinstitute über ein Ausnahmekontingent verfügen. Die Praxis zeigt, dass insbesondere die Maximierung des Verschuldungsquotienten bei 40 % für Kreditnehmer häufig eine Hürde ist. Dies ist der Grund, warum wichtige Marktteilnehmer wie Kreditinstitute und Bauwirtschaft eine vorzeitige Aufhebung der KIM-V einfordern, die gesetzlich erst mit Ende Juni 2025 auslaufen würde.
Die Europäische Zentralbank (EZB) befindet sich seit Mitte 2024 in einem Zinssenkungszyklus. Gleichzeitig wurden einige geldpolitischen Instrumente angepasst, um die EZB-Bilanzsumme zu verkürzen. Das vorrangige Ziel der EZB bleibt es, eine nachhaltige durchschnittliche Gesamtinflation von 2 % p.a. im Euroraum zu erreichen. Die ergriffenen Maßnahmen zeigen Wirkung und die Inflation im Euroraum konsolidiert sich in einem niedrigen Bereich. Somit erscheint es realistisch, dass die Leitzinsen im Jahr 2025 schrittweise weiter sinken werden. Dies wird zu einem Rückgang der Kreditzinsen bei Wohnbaufinanzierungen führen, und das Kreditangebot wird attraktiver. Letztendlich wird auch die wieder angestiegene Nachfrage nach Wohnimmobilien die Vergabe von Wohnbaukrediten ankurbeln.
Ob Mieten oder Kaufen, Zinsentwicklungen oder leistbares Wohnen. Mit unseren Ratgebern erhalten Sie einen guten Überblick zum Thema Markt.
Bildquellen: nmann77 / Adobe Stock, gopixa / Adobe Stock, fizkes / Adobe Stock
Rechtshinweise zu unseren Ratgebern finden Sie in unserer Verbraucherschutzinformation.
Meine gesamte berufliche Laufbahn habe ich im Kreditbereich verbracht. Zunächst im Sparkassen- sowie im Großbankensektor in Deutschland. Nach Leitung der Business-Unit Kreditstrategie- und Organisation in einem großen Beratungsunternehmen war ich als Geschäftsführer einer Kreditfabrik tätig. Im Anschluss daran wurde ich als Vorstand in einem Softwareunternehmen für künstliche Intelligenz im Bankenbereich berufen und habe 2019 in die Geschäftsführung von Infina gewechselt. Die ständige Recherche, strukturierte Aufbereitung sowie verständliche Veröffentlichung von allen Fragestellungen rund um das Kreditgeschäft gehören zu den wesentlichen Schwerpunktsetzungen meiner Funktion.