Nachrangkapital: Definition und Merkmale

Autor: Redaktion
Kategorie: Corporate Finance
Datum: 12.06.2024

Nachrangkapital hat je nach Ausgestaltung der Verträge mehr oder weniger eigenkapitalähnlichen Charakter. Als Unternehmer stärken Sie damit Ihre Bilanz bzw. Bonität. Nachrangkapital übernimmt eine Haftungsfunktion zwischen dem Eigenkapital und dem vorrangigen Fremdkapital.

Dem Investor bietet diese Finanzierungsform insbesondere auch in Niedrigzinsphasen eine Gelegenheit, höheren Renditen durch das Eingehen unternehmerischer Risiken zu erhalten. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die Finanzierung mit Nachrangkapital funktioniert und können sich ein Bild davon machen, ob diese eine Alternative für einen klassischen Kredit für Unternehmen durch eine Bank sein kann.


Nachrangkapital: Das Wichtigste im Überblick

  • Nachrangkapitalgeber stehen im Rang hinter allen Bankverbindlichkeiten und tragen damit eigenkapitalähnliche unternehmerische Risiken.
  • Die Verzinsung ist dementsprechend höher und kann neben fixen auch erfolgsabhängigen Komponenten haben, wie beispielsweise eine prozentuelle Beteiligung am Gewinn des Unternehmens.
  • Nachrangkapitalgeber haben keine Gesellschafterstellung und damit keine direkten Mitspracherechte. Vielfach sind die Verträge aber mit Informations- und Zustimmungsverpflichtungen ausgestattet, sodass Nachranggläubiger indirekt Einfluss nehmen können.
  • Nachrangkapital bewegt sich zwischen Fremd- und Eigenkapital. Je höher die Verlusttragfähigkeit und je länger die Laufzeit, umso stärker überwiegt der Eigenkapitalcharakter.
  • Banken werten Nachrangkapital in Ihrer Bilanzanalyse und dem Rating als wirtschaftliches Eigenkapital, wenn es einen qualifizierten Nachrang und eine lange Laufzeit aufweist.
  • Nachrangkapital wird auch als Mezzanin-Kapital bezeichnet.
  • Zunehmend mehr mittelständische Unternehmen und Start-ups finanzieren sich über Nachrangkapital.

Definition: Was ist Nachrangkapital?

Nachrangkapital sind Verbindlichkeiten, die in ihrer Rangfolge den anderen gewöhnlichen Verbindlichkeiten gegenüber hinten angestellt sind. Das bedeutet im Falle eines Konkurses oder einer Liquidation, dass der nachrangige Gläubiger seine Ansprüche auf Rückzahlung erst nach allen anderen vorrangigen Gläubigern geltend machen kann.

Je später ein Gläubiger in der Rangfolge drankommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er leer ausgeht. Das Motto lautet hier: „Den Letzten beißen die Hunde“. Als Kompensation für dieses Risiko bekommen Kapitalgeber für Nachrangkapital höhere Zinsen.

Unter ganz besonderen Bedingungen, wie einer tiefen Nachrangabrede und unbefristeter Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeiten, kann Nachrangkapital auch bilanziell dem Eigenkapital zugeordnet werden.


Merkmale des Nachrangkapitals

Nachrangkapital hat häufig hybriden Charakter zwischen Eigen- und Fremdkapital. Es ist für den Investor riskanter und stärkt aber andererseits die Kreditwürdigkeit von Firmen. Nachfolgende Merkmale sind bei der Ausgestaltung entscheidend:

Laufzeiten

Hier gilt der Grundsatz je länger, desto höher die Risikotragfähigkeit für das Unternehmen und damit der Eigenkapitalcharakter. Im Einzelfall gehen die Definitionen und Meinungen der Experten auseinander. Eine gute Benchmark sind mindestens 5 bis 8 Jahre Laufzeit. Es gibt aber auch kürzere Formen oder am anderen Ende gar unbefristete Laufzeiten.

Nachrangklausel

Je nachdem, wie tief und qualifiziert die Nachrangabrede formuliert ist, d.h. je später und je geringer die Ansprüche der Gläubiger im Falle einer Insolvenz oder Konkurses sind, desto höher das Risiko für den Investor. Es gibt auch Formen, wo der Nachrang nur gegenüber genau bestimmten Bankverbindlichkeiten definiert wird, um den Banken im Rahmen einer Gesamtfinanzierung zusätzlichen Risikokapitalpuffer zu bieten.

Zinszahlung

Die Zinsen liegen deutlich über risikoarmen Investments in Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen höchster Bonität. In vielen Fällen gibt es neben einer recht hohen Grundverzinsung auch erfolgsabhängige Komponenten, wie z.B. einen jährlichen prozentuellen Anteil am EBITDA oder dem Jahresüberschuss. Die Renditeerwartung der Investoren liegt im Bereich zwischen 5 und 10 % p.a. und damit knapp unter den erwarteten Renditen für Private Equity.

Exit Fee

Neben einer erfolgsabhängigen Verzinsung wird das unternehmerische Risiko von Nachranggläubigern vielfach auch durch eine Beteiligung am Veräußerungsgewinn bei Verkauf des Unternehmens bzw. des Wertzuwachses bis zum Ende der Laufzeit abgegolten. Diese sog. Exit Fee oder Equity Kicker wird meist in Form eines prozentuellen Anteils anhand des Verkaufsgewinns bzw. einer definierten Wertzuwachsformel berechnet.

Bilanzierung

Die Bilanzierung im Unternehmen hängt von den einzelnen Instrumenten der Finanzierung und deren vertraglicher Ausgestaltung ab. Die Kriterien der Bilanzierung sind im österreichischen UGB (Unternehmensgesetzbuch) nicht so genau definiert wie z.B. in den internationalen IFRS (International Financial Reporting Standards – internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen). Grundsätzlich gilt, je tiefer der Nachrang und je länger die Laufzeit (bestenfalls unbefristet ohne Kündigungsmöglichkeit durch den Gläubiger) desto eher ist eine Bilanzierung im Eigenkapital zu rechtfertigen.

Bankfinanzierung und Rating

Nachrangiges Kapital füllt bei Finanzierungsvorhaben oft die klaffende Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Investoren können oder wollen oftmals nicht mehr Eigenkapital aufbringen und Banken stellen ebenfalls nur einen gewissen Anteil an Fremdkapital.

Die Risikofunktion von Nachrangkapital berücksichtigen auch die Banken in ihrer Bilanzanalyse, indem sie dieses – sofern es mehr als 5-8 Jahre Laufzeit und einen qualifizierten Nachrang aufweist – in aller Regel dem wirtschaftlichen Eigenkapital zuordnen. Damit verbessern sich das Bilanzrating und die Bonität des Unternehmens. Dies wiederrum ermöglicht in vielen Fällen erst eine Bankfinanzierung und verbessert gleichzeitig Konditionen und Bedingungen.

Tipp:
Zur Ermittlung der Bonität eines Unternehmens in Österreich wird in Banken ein Rating durchgeführt. Dieses zu verstehen ist für Unternehmer wichtig, um die Entscheidung zwischen einem Kredit für Unternehmen und Nachrangkapital bzw. über dessen Kombination zu entscheiden. Lesen Sie unseren Beitrag „Rating von Unternehmen: So funktioniert die Firmenbewertung“ hierzu.

Eigentumsverhältnisse und Mitsprache

Nachrangkapitalgeber haben kein Mitspracherecht als Gesellschafter. Dies bedeutet aber nicht, dass diese sich in den Verträgen nicht umfangreiche Zustimmungs- und Informationsrechte sichern. Daher ist es für das Unternehmen und deren Geschäftsführer besonders wichtig, solche Verträge auch im Kreise der Eigentümervertretung (Gesellschafterversammlung bzw. Aufsichtsrat) abzusegnen, da Nachrangkapitalgeber sich damit indirekt für wichtige Geschäftsvorgänge sehr wohl gewisse Vetorechte, Kündigungsrechte oder Zustimmungsrechte vertraglich sichern. Diese können das Unternehmen in seiner Handlungsfreiheit etwas einschränken. Dies sollten Unternehmer bei dieser Alternative zum Firmenkredit Österreich bedenken.


Von wem wird Nachrangkapital genutzt?

Grundsätzlich kann und wird Nachrangkapital von Unternehmen aller Größen und Branchen genutzt, wann immer es eine Finanzierungslücke zwischen Eigen- und Fremdkapital, also beispielsweise beim Investitionskredit einer Bank, zu füllen gilt.

Als Instrument nützen es häufig KMUs im Zuge von großen Wachstumsprojekten, beispielsweise einer Projektfinanzierung, oder der Finanzierung einer Unternehmensübernahme. Dabei treten zumeist professionelle Investoren, wie Mittelstand-Beteiligungsfonds oder Mezzanin-Kapitalgesellschaften, als Geldgeber auf.

In jüngster Zeit nutzen auch Bauträgerdiese Finanzierungsquelle zur Ausfinanzierung von größeren Projekten. Dabei haben sich am Markt eigene Fonds und Plattformen auf solche Immobilientransaktionen spezialisiert.

Daneben gibt es bereits einige Crowdinvesting-Plattformen, auf welchen sich kleinere junge Unternehmen bzw. Start-ups mit Nachrangkapital für Ihre Projekte versorgen können. Dabei treten zahlreiche Kleinanleger als Investoren auf, was dann in der laufenden Abwicklung oftmals herausfordernd ist.

Nachrangkapital kann für einen zusätzlichen Unternehmerkredit bei der Bank hilfreich sein, aber dieses kann in bestimmten Konstellationen – je nach Investoren und Form – bei den Banken auch als schlechter Indikator gelten. Wenn es also um die Auswahl der richtigen Unternehmensfinanzierung geht, nehmen Sie am besten Kontakt zu einem Experten für gewerbliche Finanzierungen bei Infina auf.


Vergabeprozess von Nachrangkapital

Unternehmen werden von professionellen Nachranggläubigern einer eingehenden Bonitätsprüfung und Due-Diligence unterzogen, deren Anforderungen meist weit über die einer Kreditprüfung durch eine Bank hinausgehen.


Formen des Nachrangkapitals

Grundsätzlich gilt im Rahmen der zivilrechtlichen Gesetze die vertragliche Gestaltungsfreiheit. Die häufigsten Formen von Nachrangkapital sind:

  • Genussrechte bzw. Genussscheine mit Rückzahlungsanspruch zum Nominalwert und Erfolgsbeteiligung.
  • Stille Beteiligungen in Form von echten und unechten (atypische) stillen Beteiligungen, wobei der Investor entweder als Mitunternehmer oder als reiner Geldgeber auftritt.
  • Nachrangdarlehen in diversen Ausprägungen, wie z.B. mit partiarischer Gewinnbeteiligung und Anteile am Wertzuwachs bzw. Veräußerungsgewinn.
  • Wandel-und Optionsanleihen,welche eine feste Verzinsung mit dem Recht auf Umtausch in Aktien bzw. Beteiligung verbinden.
  • Hybridanleihen mit unbefristeter bzw. unendlicher Laufzeit und Kündigungsverzichten.

Sie wollen wissen, welcher Finanzierungsmix für Sie infrage kommen könnte? Sprechen Sie mit unseren Corporate Finance-Experten.

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Nachrangkapital: Vor- und Nachteile

Ein nachrangiges Instrument ist eine zusätzliche Finanzierungsvariante mit Eigenkapitalcharakter auf der Seite der Unternehmen, während es für Investoren eine unternehmerische Portfolio-Beimischung mit höheren Risiken und Ertragschancen darstellt.

Vor- und Nachteile aus Sicht der Kapitalnehmer

Vorteile:

  • Stärkung des Haftkapitals und damit der Bonität gegenüber Banken und Geschäftspartnern
  • Schließen von Finanzierungslücken und Ermöglichung von Wachstumsprojekten
  • Nutzung von Know-How und Netzwerk von professionellen Investoren
  • Keine Abgabe von Unternehmensanteilen, lediglich Gewährung einer Gewinnbeteiligung
  • Keine neuen Gesellschafter mit offiziellen Mitspracherechten

Nachteile:

  • Höhere Kapitalkosten im Vergleich zum Firmenkredit der Bank
  • Langfristige und intensive Prüfungs- und Verhandlungsphase mit den Investoren
  • Laufendes Handling von Informations- und Zustimmungspflichten der Gläubiger

Vor- und Nachteile aus Sicht der Kapitalgeber

Vorteile:

  • Hohe Ertragschancen
  • Kapitalveranlagung in unternehmerische Aktivitäten
  • Diversifikation des Portfolios
  • Ausbau von Kontakten und möglichen späteren Beteiligungschancen

Nachteile:

  • Keine klassische Gesellschafterstellung und Stimmrechte
  • Nachrangigkeit = höheres Risiko bzw. Schadenserwartungswert im Insolvenzfall

Nachrangkapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung

Nachranginstrumente stehen als zusätzlicher Risikopuffer zwischen Eigen- und Fremdkapital und werden daher auch als Mezzanin-Kapital bezeichnet. Sie stärken die Gesamtfinanzierung und ermöglichen vielfach die Ausfinanzierung von großen Investitionsprojekten von Unternehmen. Nachrangkapital bewegt sich je nach Verlust- bzw. Substanzbeteiligung und Laufzeit zwischen fremd-  und eigenkapitalähnlich und sollte als Beimischung bei der Suche nach dem Unternehmer Kredit in Österreich in Erwägung gezogen werden.


Bildquellen: allstars/ Shutterstock.com, fizkes/ Shutterstock.com

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